Senioren im Plus am Transferkonto

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Initiative des Seniorenbundes – Würdigung der Freiwilligenarbeit in Familien und für die Gesellschaft – Wert von vier Milliarden Euro. Ehrenamtliche Tätigkeiten werden von der Seniorengeneration häufiger ausgeführt als bezahlte, nebenberufliche Aufgaben.

Die Haltung der Seniorenvertreter zum Projekt eines Transferkontos ist eindeutig: Ja, aber nur wenn die umfangreiche freiwillige Arbeit der Senioren in den Familien und für die Gesellschaft deutlich auf der Haben-Seite verbucht wird. Es handle sich um einen Gesamtwert von vier Milliarden Euro, und der müsse sich am Transferkonto niederschlagen.

Ingrid Korosec, stellvertretende Bundeschefin des Österreichischen Seniorenbundes und Vorsitzende der Wiener Landesgruppe dieser ÖVP-Teilorganisation, war vorige Woche um eine klare Ansage nicht verlegen: „Wir unterstützen den Vorschlag von Finanzminister Josef Pröll, ein Transferkonto einzuführen.“ Auf diesem solle, geht es nach Pröll, aufgezeigt werden, wer welche Leistungen des Sozialstaates erhält und wie dann die diesbezügliche Bilanz aus Geben und Nehmen aussieht. Genau hier hakt Korosec ein: „Wir Senioren erwarten, dass dort dann auch die Leistung der Familienarbeit gegengerechnet wird.“ In den neuen Kategorieren des Sozialstaates, der sich der alten von Soll und Haben der Buchhaltung bedient, sehen sich die Senioren eindeutig auf der Habenseite landen.

Täglich eine Stunde freiwillig tätig

Die Gruppe der 50- bis 69-Jährigen macht mit 29 Prozent der freiwillig Tätigen die zweitgrößte Gruppe aus, ergaben Berechnungen des Sozialministeriums, veröffentlicht in dessen zur Jahresmitte erschienenem Bericht „Freiwilliges Engagement in Österreich“. Nur die 30- bis 49-Jährigen sind intensiver, nämlich zu 41 Prozent, freiwillig tätig. Und der Umfang kann sich sehen lassen.

Diese Generation 50 plus leistet durchschnittlich 6,6 Stunden an Freiwilligenarbeit pro Woche. Gemessen am wöchentlichen Zeitaufwand leisten Menschen ab 50 „somit signifikant mehr Freiwilligenarbeit als die Unter-50-Jährigen“, referierte Korosec. Die Leistung in den Familien werde formell nicht zur Freiwilligenarbeit hinzugerechnet, weder zu formeller noch zu informeller. Damit erbrächten die Senioren also noch mehr an Leistung, denn drei Viertel der pflegenden Angehörigen seien älter als 50 Jahre. Und zum in einen Geldbetrag umgerechneten Wert der Freiwilligenarbeit von Senioren meint Korosec: Die gesamte freiwillig erbrachte Tätigkeit – eben ohne Familienarbeit – haben einen Wert von vier Milliarden Euro. Die Hälfte davon entfiele auf Senioren. Rechne man deren Pflegeleistung dann hinzu, so könne man von einem Leistungswert von rund vier Milliarden Euro sprechen, der von Senioren in und außerhalb der Familien erbracht werde. Und das, so Korosec, gehöre auf dem Transferkonto für Senioren auf der Habenseite verbucht.

Zu den Leistungen ihrer politischen Klientel gehörten nämlich weitere Tätigkeiten in der Betreuung der Enkelkinder, in der Nachhilfe, in den Fahrt- und sonstigen geradezu infrastrukturellen Leistungen. Dies sei insgesamt ein Transfer von Freiwilligen an die Gesellschaft, eine Leistung, die „kein Staat der Welt ersetzen könnte“.

Der Seniorenbund plant schon ein weiteres Angebot: Ab 2010 sollen vorzugsweise pensionierte Lehrer und andere kundige Personen Jugendlichen und darunter vor allem Lehrlingen Kenntnisse für Bewerbungen und Berufseinstiege vermitteln.

Diese neuen Angebote der Senioren haben auch mit einem Wandel zu höherem Alter, mehr Gesundheit und aktiver Lebensführung zu tun, wie die Daten der Sozialforscherin Angelika Kofler zeigen.

Alte Klischees sind ausgehebelt

Dem überkommenen Klischee der bedürftigen und resignierten alten Menschen entspreche nur noch ein Viertel der Senioren, berichtet Kofler von GfK Austria, Autorin der Studie „Generation 60 plus 2009“. Diese Gruppe allerdings verfüge tatsächlich über geringe soziale Ressourcen und eine schlechtere Gesundheit. Allerdings habe sich ihr Anteil an den Senioren von knapp einem Drittel vor sechs Jahren auf eben derzeit ein Viertel vermindert, was als Fortschritt zu werten sei. Der überwiegende Teil der Senioren leben anders.

„Die Senioren als heterogene Gruppe gibt es nicht mehr, das Alter hat seine Bedeutung geändert“, referierte Kofler auf Einladung des Seniorenbundes. Immer mehr Menschen zählten zur Gruppe der Flotten, Neugierigen und Zufriedenen, wie sie die verschiedenen Senioren-Typen bezeichnet. Die aktiven, eben flotten Personen würden einen Anteil von zehn Prozent an den Senioren ausmachen, je ein Drittel entfalle auf die familienorientierten Zufriedenen und eines auf die unternehmenslustigen Neugierigen.

Die Bereitschaft der Senioren, sich aktiv in der Gesellschaft zu engagieren, sei hoch. Ehrenamtliche Tätigkeiten werden häufiger ausgeführt als bezahlte, nebenberufliche Tätigkeit, ergabe die GfK-Studie. Das Engagement der Senioren in den Vereinen gilt vor allem religiösen Gemeinschaften, Gruppen von Menschen mit einem ähnlichen Lebenshintergrund und Sportvereinen. Das soll jetzt Folgen haben.

Korosec wünscht für diese Freiwilligen finanzielle Unterstützung, professionelle Ausbildung und Versicherung. „Unser Humankapital soll genutzt und anerkannt werden“, fordert Korosec.

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