Senioren kämpfen um ihren Platz

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Um klare Worte ist Heinz K. Becker, als Kandidat des Seniorenbundes der ÖVP an achter Stelle gereiht, nicht verlegen: "Die Demografen und Soziologen sprechen immer von Alterslast. Das ist ein semantischer Wahnwitz. Die Behauptung von der Unfinanzierbarkeit der Systeme ist eine falsche Mär."

Was Becker und mit ihm gut einhundert Funktionäre der diese Woche in Wien tagenden Europäischen Senioren Union wirklich irritiert, sind die als willkürlich empfundenen Altersgrenzen, etwa das Antrittsalter für Pensionen. Dem Kampf gegen die Altersdiskriminierung gehört daher die politische Leidenschaft der Senioren in der ÖVP, die sich von den sonstigen Querelen der Partei um ihre Linie und ihre Kandidaten für die Europawahl kaum irritieren lassen. Allerdings führen auch sie einen Wahlkampf um Vorzugsstimmen für ihren Kandidaten.

"Wir wollen raus aus der defensiven Rolle", tönt es kämpferisch aus den Reihen der Senioren. Man müsse endlich die neuen demografischen Realitäten zur Kenntnis nehmen.

Gesellschaft der fünf Generationen

Die Lebenserwartung und die Gesundheit seien enorm gestiegen, heißt es zur Begründung. Eine heute in Pension gehende Frau könne noch bis zu dreißig Lebensjahre vor sich haben. Die Gesellschaft umfasse nicht mehr drei, sondern schon fünf Generationen. Becker: "Wir wollen kein Gnadenbrot. Wir wollen mitgestalten." Daher widmet man sich zuvorderst dem Kampf gegen die Altersdiskriminierung, womit allerdings jegliche Limitierung mit der Begründung von Lebensalter, die ja auch Jugendliche betreffen kann, gemeint ist. Vor allem wollen die Senioren nicht so wie derzeit "einfach aus dem Arbeitsmarkt gedrängt werden". Daher hätten Seniorenorganisationen in Deutschland vor dem Verfassungsgericht ein Verfahren anhängig gemacht, denn "wer sagt denn, dass man mit 65 Jahren in Pension gehen muss", fragt der Präsident der Europäischen Seniorenunion, der ehemalige deutsche Staatssekretär Bernhard Worms. Diese Altersgrenze wirke willkürlich gezogen.

Den gar nicht so alt wirkenden Rüstigen gehe es zudem um die Anerkennung ihrer Leistung: Die höhere Lebenserwartung bedeute einen Gewinn von 15 Lebensjahren. Alleine in Deutschland, das habe laut Worms eine Studie ergeben, verrichten die Senioren daher jährlich 4,5 Milliarden Stunden an ehrenamtlicher Arbeit. Worms: "Und jetzt stellt sich die Frage, ob das zum Nulltarif erfolgt oder ob man dafür einen volkwirtschaftlichen Preis erhält, etwa in Form besserer Renten?"

In der ÖVP haben die Senioren, wie andere Teilorganisationen, ihre Mühe, einen Kandidaten durchzubringen. Ihr Spitzenmann, Heinz K. Becker, ist an achter Stelle gereiht, wahrscheinlich erreicht die ÖVP sechs Mandate. Wie Othmar Karas führt Becker einen Wahlkampf um Vorzugsstimmen. Sieben Prozent der ÖVP-Wähler müssten seinen Namen auf den Wahlzettel schreiben, damit er nach vorne gereiht werde. Das sind 60.000 bis 70.000 notwendige Stimmen, was laut Becker selbst unter den 300.000 Mitgliedern des Seniorenbundes schwierig zu erreichen sein wird.

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