Sinnlose Ausgaben für die Gesundheit

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Gesundheit wäre auch künftig finanzierbar, ist günther leiner, Präsident des jährlich stattfindenden Europäischen Gesundheitsforums Gastein, sicher. Wenn nur endlich die Effizienz des Gesundheitswesens steigen würde.

Die Furche: Herr Leiner, das Gesundheitssystem wird immer teurer. In Ihrem Vortrag beim Gesundheitssymposium haben Sie beklagt, das sei unter anderem auf den steigenden Druck der Patienten zurückzuführen.

Günther Leiner: Ja, denn die Patienten erwarten, dass jede nur mögliche Untersuchung gemacht wird, egal, ob sie sinnvoll ist und neue Erkenntnisse bringt oder nicht. Man müsste für eine richtige Diagnose ja nicht alle Apparate nützen, nur weil man sie hat. Aber Ärzte werden danach bewertet, welche Apparate sie haben. Dadurch schaffen sich die Ärzte immer mehr neue, teure Geräte an. Und die müssen sich amortisieren, daher werden sie fleißig genutzt. Also macht man zehn verschiedene Untersuchungen, die dann doch nur alle dasselbe Ergebnis bringen. Befunde von Kollegen werden gar nicht erst angeschaut, sondern dieselbe Untersuchung wird nochmal gemacht. Das schraubt die Kosten in die Höhe.

Die Furche: Und wo ist der Ausweg?

Leiner: Wir müssen rationeller arbeiten, aber ohne Qualitätsverlust. Denn Geld bedeutet in der Medizin ja nicht Qualität, das muss uns klar sein. Denn nicht die einzelnen medizinischen Leistungen verursachen die hohen Kosten, sondern Organisation und Dienstleister.

Die Furche: Sehen Sie in der Gesundheitsreform, die derzeit umgesetzt wird, eine Lösung? Immerhin entstehen neun Landesgesundheitsplattformen, die mit der Bundesgesundheitsagentur eine enge Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Sozialversicherungsträgern sicherstellen sollen.

Leiner: Aber das sind wieder zehn zuständige Stellen! Ich bin für eine einzige Stelle, die zahlt und anschafft. Nur so hören diese ganzen Doppelgleisigkeiten auf.

Die Furche: Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat betont immer wieder die Bedeutung der Vorsorge nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für das Gesundheitssystem. Spart Prävention tatsächlich so viel Geld?

Leiner: Es gibt deutsche Studien, die besagen, dass es durch Prävention zu einer Steigerung der Lebensqualität kommt. Aber die Kosten halten sich die Waage. Denn die Einsparungen durch Prävention sind nicht so hoch, dass sie die Ausgaben dafür übersteigen. Und zwar sowohl gesundheitlich als ökonomisch. Außerdem wird immer nur sehr theoretisch von Prävention gesprochen. Aber es gibt nun einmal das Frustrauchen, das Frustessen, Stress, auch den Unwillen, auf Genuss zu verzichten. Das werden wir nicht wegbringen. Daher ist schon zu überlegen, wie weit man mit Prävention überhaupt kommt. Das wird zu theoretisch gesehen, den Menschen selbst sieht keiner.

Das Gespräch führte Claudia Feiertag.

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