Sonntagsarbeit ist kein Tabu

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Woher nehmen Staat und Kirche das Recht, Menschen,die am Sonntag arbeiten wollen, dies zu verbieten?

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Woher nehmen Staat und Kirche das Recht, Menschen,die am Sonntag arbeiten wollen, dies zu verbieten?

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Der Sonntag ist den Österreichern heilig. So wollen es zumindest die Bundesregierung, die Opposition, der ÖGB, die Kirche und andere maßgebliche Kräfte in Österreich. Vergessen wird dabei jedoch auf die vielen Österreicherinnen und Österreicher, die sonn- und feiertags arbeiten. Sonntagsarbeit darf kein Tabu sein und es muss jedem, der es will, offen stehen, auch sonntags zu arbeiten. Es kann nicht Aufgabe des Staates und der Kollektivvertragspartner sein, festzulegen, wer sonntags arbeiten darf und wer nicht.

Sonntagsarbeit ist nichts Ungewöhnliches. Eine Million Österreicher arbeiten am Sonntag, um anderen Menschen Dienste zu erbringen, teure Industrieanlagen laufen zu lassen, Kranke zu versorgen, Waren zu transportieren und in der Landwirtschaft nach der Natur und nicht nach dem Kalender zu tätig zu sein. Etwas mehr als die Hälfte davon arbeiten regelmäßig, der Rest saisonal oder nur spontan.

Ohne Sonntagsarbeit stünden viele Bereiche des Lebens still. Die immer wiederkehrende Beteuerung von Parteien, Gewerkschaft und Kirche, wie wichtig der freie Sonntag sei, lässt jene Arbeitnehmer und Unternehmer vergessen, die sonntags arbeiten, und vermitteln den Eindruck, Sonntagsarbeit sei schlecht und unnotwendig.

Recht auf freie Wahl Es wird damit argumentiert, dass das Recht des Menschen auf einen freien Sonntag nicht beschnitten werden darf. Warum spricht jedoch niemand über das Recht des Menschen sich frei auszusuchen, wann er arbeiten will? Es gibt auch Menschen, die - aus welchen Gründen auch immer - lieber eine Zeit lang sonntags arbeiten und dafür an anderen Tagen in der Woche frei haben. Woher nehmen wir das Recht, diesen Menschen die Arbeit am Sonntag zu verbieten?

Es geht dabei aber nicht nur um teure Industrieanlagen sondern auch um die Möglichkeit, neue Dienstleistungen und Angebote am Wochenende anzubieten. Es ist absolut unverständlich, warum in Wien Tausende Touristen am Sonntag vor geschlossenen Geschäften stehen. Unverständlich deswegen, weil es nicht eine Entscheidung des Unternehmers ist das Geschäft zu schließen, sondern da der Gesetzgeber dem Individuum vorschreibt, wie er erfolgreich arbeiten muss.

Wir bejammern das Sterben der kleinen Geschäfte, geben ihnen aber keine Möglichkeit sich dem wandelnden Markt wirklich anzupassen. Auf Urlaub im Ausland nutzen wir jedoch gerne jede Möglichkeit ein Schnäppchen zu ergattern, egal ob am Sonn- oder Feiertag.

Wir leben nicht auf einer Insel der Seligen, sondern befinden uns im europäischen und globalen Wettbewerb. Moderne, teure Industrieanlagen müssen optimal genutzt werden, um mit Anbietern aus anderen Ländern Schritt halten zu können. Die Nutzung derartiger Anlagen auch am Sonntag ist notwendig, um kapitalintensive Branchen überhaupt in Österreich halten zu können und hier Arbeitsplätze zu schaffen.

Nicht jeder wird am Sonntag arbeiten wollen, daher hat Sonntagsarbeit hat ihren Preis. Viele Menschen wollen den Sonntag mit ihren Familien verbringen und sich von der Arbeitswoche erholen. Daher ist die an Sonntagen zur Verfügung stehende Menge an Arbeitskräften weit geringer.

Sonntagsarbeit wird sicher nicht in allen Branchen und Lebensbereichen üblich werden und ein Teil der Arbeitnehmer und Unternehmer wird nicht bereit sein, sonntags zu arbeiten.

Daher wird Arbeit am Sonntag auch besser bezahlt, als Arbeit an anderen Wochentagen. Am schlechtesten schneiden da natürlich Unternehmer und Selbständige ab, die sonntags arbeiten und sich keine Zuschläge für Ihre Arbeit zahlen können.

Man sollte glauben, am Beginn des 21. Jahrhunderts wären die Bürger Europas und vor allem Österreichs reif genug, selbst zu wählen, wann und was sie arbeiten wollen. Aber der Staat bemüht sich immer noch, den Einzelnen zu entmündigen und ihm vorzuschreiben, wann er arbeiten darf und wann nicht. Dabei ist es ja sinnvoll, dass der Gesetzgeber tägliche und wöchentliche Maximalarbeitszeiten festlegt, um die Gesundheit des Menschen nicht zu gefährden.

Es ist aber nicht einzusehen, warum der Staat festlegt, dass man nur an bestimmten Tagen arbeiten darf. Es ist eine ähnliche Problematik wie bei der Ladenöffnungszeit. Das Greißlersterben wurde öffentlich bedauert, gleichzeitig wurde jedoch verabsäumt, den kleinen Kaufleuten jene Flexibilität einzuräumen, die ihnen vielleicht das Überleben gesichert hätte.

Neue Spielregeln Noch deutlicher wird die Problematik bei neuen Geschäftszweigen wie der "New Economy", also dem Geschäft im und rund um das Internet. In diesen Branchen herrschen neue Spielregeln. Eine große Anzahl an New-Economy-Unternehmen beschäftigt junge, ungebundene Mitarbeiter, die auch am Unternehmenserfolg beteiligt sind. Mit welchem Recht werden diese Menschen, wenn Sie Sonntags arbeiten wollen, kritisiert? So wie es jedem Menschen frei steht, am Sonntag in die Kirche zu gehen, sollte es Ihm auch frei stehen sonntags zu arbeiten.

Nicht zuletzt schafft Sonntagsarbeit auch neue Arbeitsplätze und ermöglicht es jenen, die am Sonntag arbeiten wollen, Teilzeitjobs anzunehmen und etwas dazuzuverdienen.

Sonntagsarbeit darf kein Tabu sein. Es muss für jeden der es will möglich sein, dann zu arbeiten wann er will.

Der Autor ist Unternehmer und Bundesvorsitzender der Jungen Industrie, einer Teilorganisation der Industriellenvereinigung.

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