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In Deutschland gibt es Studien, die den Verbleib von Absolventen der Gymnasien im ländlichen Raum untersuchen - das Ergebnis dieser Erhebungen ist: Neun von zehn Abiturienten verlassen ihre Gemeinden und siedeln sich in oder nahe den großen Städte an. Bei österreichischen Maturanten wird das Abwanderungsverhältnis nicht viel anders sein.

Opfer des Rotstifts

Aber nicht nur die Absolventen höherer Schulen verlassen den ländlichen Raum: Infrastruktureinrichtungen, von der Postfiliale über die Polizeiposten bis hin zu Bezirksgerichten, Kasernen und die Nebenbahnen der öbb fallen dem Rotstift zum Opfer. Was für die Betreiber Kosteneinsparungen bedeutet, reduziert für die Bewohner die Lebensqualität, vom Abbau an Arbeitsplätzen ganz zu schweigen.

Gerlind Weber vom Institut für Raumplanung und ländliche Neuorientierung an der Universität für Bodenkultur in Wien hat diesen Negativtrend in einem früheren Furche-Interview so beschrieben: "Der Verlust von Arbeitsplätzen verursacht die Abwanderung der Familien und somit der Kaufkraft; dadurch gibt es einen Rückgang der Nahversorger, weil diese sich nicht mehr halten können, und damit einen Verlust an Lebensqualität für die, die bleiben." Auch die Gemeindeeinnahmen verringern sich, und die Gemeinden können ihre Infrastruktur nicht auf einem Niveau halten, das für neue Betriebsansiedlungen attraktiv ist - der Ort, so Weber, werde immer unattraktiver und so drehe sich die Spirale weiter nach unten. Post, Einzelhändler und Gasthäuser wirkten außerdem wie ein Kitt für das Dorfleben, sagt die Raumplanerin, "je mehr Kitt fehlt, umso größer die Zentrifugalkräfte: Die Gemeinschaft fließt auseinander, löst sich auf."

Wenn der Kitt fehlt

Diejenigen, die weniger mobil sind, leiden am meisten unter den längeren Wegen: vor allem die Alten - im ländlichen Raum haben nur elf Prozent der Frauen und 57 Prozent der Männer über 60 einen Führerschein. Aber auch Kinder und Jugendliche sind betroffen. "Noch halten sich die Gasthäuser, die traditionellen Männertreffpunkte, relativ gut", sagt Gerlind Weber: "Doch die kleinen Geschäfte brechen weg. Dort treffen die Frauen einander und tauschen sich aus. Fehlt das Geschäft, fehlt dieser Austausch, und darunter leiden die Frauen." WM

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