Sprache und Wohnen als Herausforderung

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Fünf Wochen ist es her, dass DIE FURCHE Terezija Stoisits, Beauftragte für Flüchtlingskinder an Schulen, zum Interview bat (vgl. Nr. 4, S. 13). Kurz zuvor hatte Niederösterreichs Bildungslandesrätin Barbara Schwarz (ÖVP) davor gewarnt, dass das Schulsystem in Niederösterreich bald "am "Rande des Machbaren" sei. Stoisits zeigte sich konsterniert: "Was heißt am Rande des Machbaren? Gerade diese Woche hat die Regierung zusätzliche 24 Millionen Euro zur Unterstützung der Integrationsarbeit an den Schulen beschlossen." Vergangenen Sonntag, in der ORF-Pressestunde, hat Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) freilich bereits einen deutlich höheren Bedarf genannt: Das Extrabudget von 24 Millionen Euro stehe erwartbaren Mehrkosten von 64 Millionen Euro gegenüber. Sie gehe davon aus, "dass zusätzliche Kosten - etwa für mehr Lehrer, die wegen der durch Flüchtlinge gestiegenen Schülerzahl gebraucht werden - vom Finanzministerium jedenfalls gedeckt werden."

Nein von Schelling

Die Abfuhr kam prompt: "Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass man automatisch mehr Geld bekommt, wenn man nicht mit seinem Budget zurande kommt", hieß es aus dem Ministerium auf Anfrage der APA. Die Bildungsministerin indes beharrt auf den zusätzlichen Mitteln. Durch den Flüchtlingszustrom sei es an der Zeit, "im Finanzausgleich die Ausgaben für die Pflichtschullehrer zu diskutieren und zu korrigieren".

Tatsächlich befinden sich derzeit knapp 10.000 Flüchtlingskinder im österreichischen Schulsystem, fast die Hälfte davon in Niederösterreich (etwa 2400) und Wien (rund 2200). Im Vergleich zur österreichischen Gesamtschülerzahl von über 1,1 Millionen entspricht das freilich nur rund einem Prozent. Dennoch fordert insbesondere die Pflichtschullehrergewerkschaft schon seit Langem deutlich mehr Ressourcen.

In Wien, wo es in manchen Bezirken zu einer Ballung kommt, ist man deshalb - entgegen der früheren Pläne - bereits dazu übergangen, eigene Flüchtlingsklassen einzurichten. An zehn Schulen wurden diese so genannten "Neu in Wien-Klassen" bisher etabliert. Zudem setzt man in den Pflichtschulen auf die "Neu in Wien-Kurse": Bei diesen Sprachförderkursen erhalten Kinder mit mangelnden Deutschkenntnissen parallel zum Regelunterricht eine individuell abgestimmte Sprachförderung. Derzeit gibt es insgesamt 98 entsprechende Einheiten sowie 13 Alphabetisierungskurse.

Mit dem neuen Schulsemester werden Kinder auch direkt in Quartieren des Fonds Soziales Wien besucht. Die Erklärung für diesen Schritt: Bei temporären Unterbringungen würden Kinder, die in einen Klassenverband eintreten, binnen kürzester Zeit wieder aus diesem gerissen. Dadurch, dass direkt in der Unterkunft gelernt werden kann, soll eine durchgehende Betreuung sichergestellt werden - zumindest bis ein fixer Wohnsitz gefunden wurde.

"Ein Dach mehr. 5 Flüchtlinge weniger"

Insgesamt gibt es derzeit laut Fonds Soziales Wien in der Bundeshauptstadt 30 Notquartiere (wie jenes in der Bachofengasse) und 71 reguläre Grundversorgungseinrichtungen. Derzeit werden täglich 4800 Übernachtungen in Notquartieren registriert, 20.560 Menschen befinden sich in der Grundversorgung..

Um weiterhin ausreichend Unterkünfte zu schaffen, hat der von der Regierung eingesetzte Flüchtlingskoordinator, Christian Konrad, eine groß angelegte Spendenkampagne gestartet. Das Motto: "Ein Dach mehr. 5 Flüchtlinge weniger". Nicht Massenunterkünfte oder Ghettos, sondern "ein menschenwürdiges Dach über dem Kopf" ist das Ziel. Mit den ersten 500.000 Euro solle das erste Fertigteilhaus aus Holz für etwa 40 Menschen umgesetzt werden. Die Wohneinheiten sind für bis zu fünf Personen ausgelegt. Genügend Platz für Flüchtlinge gibt es laut Konrad jedenfalls noch: "Ich glaube nicht, dass die möglichen Wohnräume in diesem Land erschöpft sind. Man muss sie nur kriegen."

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