Sprachtricks in der Politik: Wortkeulen wirken
Heinrich Breidenbach seziert in seinem Buch „Achtung! Wortkeulen“ die vielfältigen transformationsbehindernden „Sprachtricks“ in politischen und medialen Debatten.
Heinrich Breidenbach seziert in seinem Buch „Achtung! Wortkeulen“ die vielfältigen transformationsbehindernden „Sprachtricks“ in politischen und medialen Debatten.
Die meisten Bewohner(innen) der westlichen Industriestaaten zählen zu den privilegiertesten Generationen, die jemals auf diesem Planeten leben durften. Jetzt ginge es darum, diese Privilegien global zu teilen und nachhaltig für kommende Generationen abzusichern“: So lautet der Befund des Salzburger Publizisten und ehemaligen Politikberaters Heinrich Breidenbach. Doch der notwendige ökosoziale Wandel wird durch vielerlei Begriffe und Redewendungen verhindert.
„Wer sich für mehr Gerechtigkeit und sozialen Ausgleich einsetzt, wer überbordenden Luxuskonsum oder ressourcenverschwendende Lebensstile kritisiert, bekommt sofort die Punze des ,Neiders‘“, so ein Beispiel Breidenbachs. Ähnliches beabsichtigten „Wortkeulen“ wie „Keine neuen Steuern“, „Soll alles verboten werden?“ oder „Mit seinem Eigentum kann jeder tun, was er will“. Vorwürfe wie „Gleichmacherei“, „Spaßbremse“ oder „Gutmensch“ wiederum sollten Menschen, die sich für eine gerechtere Gesellschaft oder den Schutz unserer Lebensgrundlagen einsetzen, desavouieren. Breidenbach spürt diesen Sprachtricks auf den Zahn – in den Kommunikationswissenschaften spricht man von „Frames“ – und argumentiert pointiert dagegen. Er erklärt etwa, was Steuern sind und was sie bewirken sollen. Er zählt Verbote aus dem Alltag auf, mit denen man gut lebt – und macht deutlich, dass Umweltkrisen ebensolche Verbote brauchen werden.
Sprachlich dagegenhalten
Aufschlussreich ist auch, warum diese „Wortkeulen“ überhaupt wirken. Dies gilt für wirtschaftspolitische Argumentationsweisen ebenso wie für rechtspopulistische Ausgrenzungsdebatten: etwa wenn von den „eigenen Leuten“, von „Lügenpresse“, „Heimat“, „Vaterland“, „Tradition“ und „Brauchtum“ die Rede ist. Die Alternative zu alledem ist nach Überzeugung Breidenbachs, dagegenzuhalten. Er greift dabei auf historische Beispiele zurück, etwa: „Wer kein Mitleid mit jüdischen Kindern empfindet, empfindet auch keines mit ,eigenen‘ jungen Männern, die gerade in Stalingrad krepieren.“ Und er bringt aktuelle Bezüge, die sich auf den Diskurs der Entscheidungsträger ebenso beziehen wie auf die Saturiertheit vieler Bürgerinnen und Bürger. Etwa wenn er beim Rekurs auf die „Mitte“, die nach eigenem Verständnis das rechte Maß anstrebt, meint: „Die ,Mitte‘ toleriert, dass das Notwendige nicht getan wird. Sie verlangt es von den politischen und ökonomischen Eliten nicht. Sie macht mit.“
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