Sr. Hildegard und der Frauentag

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Beim Verlassen der Konzilsgedächtniskirche in Wien/Lainz flüsterte jemand: "So schön kann Gottesdienst sein!" Und tatsächlich: Die Totenmesse für Sr. Hildegard Teuschl, die "Mutter" der österreichischen Hospizbewegung, war berührend, ja unvergesslich: eine dicht gefüllte Kirche. Eine Gemeinde von Gleichgesinnten. Eine Stunde des Abschieds, in der die Dankbarkeit über die Trauer siegte. Die Dankbarkeit für ein erfülltes Leben.

Von einer "tiefgläubigen und warmherzigen, einer starken Frau" war zuvor die Rede gewesen. Und von der Hoffnung, dass der Kirche auch künftig solche Frauen geschenkt würden. Frauen, die über das christliche Biotop hinaus strahlen und die Gesellschaft verändern. Und tatsächlich: Ohne das Zusammenspiel von Kardinal König und Hildegard Teuschl wäre es wohl nie zur Absage aller Parlamentsparteien an die aktive Euthanasie gekommen.

Die Kirche ist weiblich

Kirche und Frauen - ein spannendes und spannungsreiches Thema. Kein Zweifel: Noch immer wirken viele tausende Frauen aus tiefer Glaubensüberzeugung in Pfarren, Sozialorganisationen und Ordensgemeinschaften. Ohne ihren Dienst und ihr Zeugnis würde die Kirche ordentlich ins Trudeln kommen. Und noch immer stellen Frauen auch die große Mehrzahl aller Messbesucher.

Trotzdem: Wo sind die starken, die jungen Frauen, die ihren Glauben überzeugt und überzeugend hinaustragen; selbstbewusst und furchtlos vor öffentlichem Gegenwind wie auch vor den kirchlichen Hierarchien? Wo - und wie oft - sprechen sie in der und für die Kirche? Und wo sind jene, die als junge Mütter ihren Glauben authentisch weitergeben? Die entscheidend mithelfen, dem Christentum auch künftig seine Relevanz zu sichern?

Woran liegt es, dass sie rar geworden sind? Was ist passiert, dass die Kirche - plakativ gesagt, aber wohl nicht falsch - so viele der modernen Frauen "verloren" hat?

Ist es der Zeitgeist? Der Gruppendruck? Oder das Gefühl, einem Pflichtenkatalog entfliehen zu müssen, der kaum mehr lebbar erscheint? Ist es die Abneigung gegenüber einer als patriarchal und männerbündlerisch empfundenen Struktur? Einer Kirche, in der echte Gleichberechtigung außer Sichtweite bleibt und selbst Mitsprache oft nur als Gunst eingeräumt wird? Oder ist es die Botschaft selbst, die ihnen nichts mehr bedeutet? Die ihnen aus dem Blick geraten ist?

Neue Vorbild-Modelle sind gefragt

Ich bin ziemlich sicher, dass die tiefste Wurzel des Problems gar nicht in der Unzugänglichkeit zum Priesterberuf liegt. Dass der allzu verengte Blick auf diese eine Forderung - und die panische Angst der Hierarchien davor - sogar viel an anderen Möglichkeiten verbaut, die überfällig sind.

Vielleicht sollten sich Frauen, denen Glaube und Kirche wichtig sind, wieder einmal zusammensetzen. Sollten ihre Verwundungen ebenso öffentlich auf den Tisch legen wie ihre Erwartungen. Sollten nach Vorbild-Modellen Ausschau halten, die es in dieser großen, globalen Kirche sicher schon gibt. Oder selbst neue entwerfen.

Kirche und Frauen: Ein spannendes und ein aktuelles Thema - auch deshalb, weil an diesem 8. März 2009 der "Weltfrauentag" gerade auf einen Sonntag fällt.

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