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Anmerkungen zur Bundespräsidentenwahl.

Repräsentation ist zu allererst ein ästhetischer Akt, der sich in Haltung, Sprache, Gestik und der Gestaltung politisch zentraler Räume ausdrückt": Solcherart hat Rudolf Burger mit der ihm eigenen intellektuellen Präzision die Rolle des Bundespräsidenten eine Woche vor der Wahl in einem Interview mit der Kleinen Zeitung beschrieben. Gemessen an diesem Anforderungsprofil war es ziemlich unerheblich, wer die Wahl gewinnen würde: Keiner der beiden Kandidaten könnte dem entsprechen.

Von keinem der beiden durfte man essenzielle Beiträge zur "Gestaltung politisch zentraler Räume" erwarten, unkonventionelle Impulse für den öffentlich-diskursiven Raum. Weder Heinz Fischer noch Benita Ferrero-Waldner traute man zu, die Debatten um die elementaren Zukunftsfragen des Landes - z. B. Europa, innere und äußere Sicherheit, Soziales - mit wirklich mutigen, wegweisenden, überraschenden Äußerungen jenseits der Sonntagsrhetorik zu bereichern und voranzutreiben; wie dies den früheren deutschen Präsidenten Weizsäcker und Herzog immer wieder überzeugend gelang - von Sonderfällen wie Václav Havel gar nicht zu reden, wie man es auch dem künftigen deutschen Staatsoberhaupt Horst Köhler zutrauen kann, wie beispielsweise ein Franz Fischler oder Erhard Busek das zu leisten imstande gewesen wären, wie man das 1992 auch begründet von Thomas Klestil erhoffte...

Dies, verstärkt durch einen Wahlkampf mit extremen Untiefen, wird jenen weiter Auftrieb geben, die das Amt generell oder jedenfalls seine konkrete Ausgestaltung zur Disposition stellen möchten. Schon hat etwa Vizekanzler Hubert Gorbach für das Schweizer Modell, also eine rotierende Präsidentschaft zwischen den Regierungsmitgliedern, plädiert. Auch der steirische Ex-Landesrat Gerhard Hirschmann hat im Gespräch mit dieser Zeitung (siehe Seite 9) deutlich gemacht, dass er das Amt für verzichtbar hält.

Hirschmann hat im selben Gespräch aber auch ein zentrales demokratiepolitisches Problem benannt: "Die Regierungen - egal ob in Paris, Berlin, London oder Wien - sind offensichtlich kaum mehr in der Lage, der Gesellschaft in den großen Themen der Zukunftsgestaltung einen Kompass zu geben", diagnostizierte er. Weil ihnen, so kann man ergänzen, selber der innere Kompass fehlt, oder aus Mutlosigkeit - und versuchen sie es zumindest ansatzweise, werden sie von den Wählerinnen und Wählern abgestraft. Wenn nun aber dieses Bedürfnis nach Wegmarken mit Händen zu greifen ist, wenn Orientierung und geistige Auseinandersetzung schmerzlich vermisst werden - und Hirschmann ist ja mit seinem Befund nicht allein -, dann eröffnete sich doch hier ein weites Betätigungsfeld für den Niederungen der Tagespolitik enthobene Persönlichkeiten an der Staatsspitze.

Noch einmal: Für Österreich ist das alles in den Konjunktiv zu setzen. Denn Heinz Fischer müsste in schier unvorstellbarer Weise über sich als redlich-seriöser Parteipolitiker hinauswachsen, um im beschriebenen Sinne wahrgenommen zu werden. Es verleiteten aber auch die Äußerungen Ferrero-Waldners nach der Wahl nicht eben dazu, das Urteil über sie zu revidieren und zu meinen, an ihr wäre eine Bundespräsidentin verloren gegangen.

So darf man einer unaufgeregten, (auch für Bundeskanzler Schüssel) sehr kalkulierbaren Präsidentschaft Heinz Fischers entgegen sehen; man darf, nebenbei gesagt, hoffen, dass Thomas Klestil vor allem sich selbst in den letzten Wochen seiner Amtszeit noch weitere Peinlichkeiten erspart, wie jene mit der vergessenen Wahlkarte oder, noch bizarrer, das Telefonat mit seinem Nachfolger vor laufenden TV-Kameras - hier will und kann man nicht mehr hinhacken, hier ist jemand vollends zur tragischen Figur geworden...

Man ist überdies gespannt, wie lange die innerparteiliche Schonfrist für Alfred Gusenbauer, die ihm durch Fischers Sieg zuteil wurde, anhalten wird. Und man wird sich ab sofort - nolens volens - dem nächsten Wahlkampf zuwenden, jenem um die EU-Parlamentswahlen am 13. Juni. Sollte es dort für die ÖVP wieder nicht klappen, wird es auch für den Kanzler langsam ungemütlich werden.

rudolf.mitloehner@furche.at

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