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Mit ihrem Versuch, aus Anlaß einer neuen "Pille danach" an der Straffreiheit der Abtreibung in den ersten drei Monaten zu rütteln, ist die Amtskirche allein geblieben. 25 Jahre nach der Einführung der sogenannten "Fristenlösung" sind alle fünf parlamentarischen Parteien für die Beibehaltung der Straffreiheit.

Konsens herrscht aber auch darüber, daß die Abtreibung niemand will; sie ist und bleibt, mit welcher Methode auch immer, ein Eingriff, der bestehendes Leben beendet. Die politischen Parteien haben sich nur darauf geeinigt, diesen Eingriff unter bestimmten Voraussetzungen nicht zu bestrafen. Schließlich hatte die Strafe über Jahrhunderte hinweg Abtreibungen nicht verhindert.

Daß die Strafdrohung dennoch aufrecht geblieben war, war der Hauptauslöser der Frauenbewegung in den frühen siebziger Jahren. Prominente Frauen wollten mit der Heuchelei (offizielle Strafdrohung, Abtreibung zu Luxuspreisen bei Nobelärzten oder zu Billigstpreisen bei der "Engelmacherin") nicht mehr mitmachen und bekannten öffentlich: "Ich habe abgetrieben". Diese Protestaktion traf den Nerv eines von Gesetz und Öffentlichkeit ignorierten Problems.

Auch in der damaligen Frauenbewegung, die heute bis weit hinein in kirchliche Kreise reicht, herrschte das Bewußtsein, daß jede Abtreibung unerwünscht und die schlechteste aller möglichen Verhütungsmethoden sei. Soweit gibt es also mehr moralischen Konsens in der Gesellschaft, als die Amtskirche annimmt.

Isoliert bleibt die Kirche allerdings mit ihrer strikten Ablehnung aller modernen Methoden der Empfängnisverhütung. Wer, wie jüngst Bischof Laun in "Zur Sache", als einziges Verhütungsmittel "Selbstbeherrschung" proklamiert, geht nicht nur an den Lebensrealitäten vorbei, sondern demonstriert eine mittelalterliche Auffassung von Sexualität. Wer heute Sexualität immer noch auf Fortpflanzung reduziert, wird in allen Fragen der Sexualmoral unglaubwürdig. Ihrer notwendigen Funktion als "Gewissen der Gesellschaft" droht die Kirche mit ihrer Fixierung auf eine überholte Sexualmoral und ihrem Ruf nach dem Strafrecht verlustig zu gehen.

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