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Verstehen Frauen wirklich keinen Spaß? Das neue Buch von Daniela Strigl birgt 38 launige Kommentare zu diesem Vorurteil.

Wenn Menschen andere Menschen als Außenseiter, Einzelgänger oder Angehörige einer Randgesellschaft beschreiben, würden Nicht-Betroffene zustimmen oder wenigstens weiter lauschen. Würde aber ein Betroffener anwesend sein, so würde er sich wohl zu Wort melden und widersprechen. Außenseiter, Einzelgänger oder Angehörige einer Randgesellschaft identifizieren sich selten mit den ihnen zugewiesenen Begriffen. Sie werden als abwertend empfunden und drängen Menschen in die Rolle des Opfers. Diese Rolle spielt niemand gern. Davon erzählt auch der neunte Band der Reihe "Profile", die vom Österreichischen Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek herausgegeben wird.

"Frauen verstehen keinen Spaß" bietet Innenansichten von 38 prominenten Journalistinnen, Wissenschaftlerinnen und Schriftstellerinnen und dokumentiert ein spannungsgeladenes Stück Frauengeschichte. Die jüngsten Entwicklungen in der Frauenliteratur werden thematisiert, das Aufblühen der "witzig-frechen" Frauenliteratur, ihr Niedergang und das neue Genre des Frauenkrimis. Neben Porträts über Hannah Arendt, Patricia Highsmith oder der viel zu jung verstorbenen Sarah Kane wird auch die Geschichte der österreichischen Frauenliteratur skizziert. Das berührt auf beinahe traurige Weise: Wie konnte eine Erika Hanel so in Vergessenheit geraten? Wie kommt es, dass einer Marlene Haushofer immer noch etwas zutiefst Biederes und Provinzielles anhaftet?

In "Frauen verstehen keinen Spaß" schreiben Frauen, was sie über Frauenliteratur und Humor in der Frauenliteratur denken, wie sie ihn praktizieren oder im Fall von Ilse Aichinger auch, wie sie sich gegen das Praktizieren sträuben. Ilse Aichinger wehrt sich gegen die Heroisierung von Humor, empfindet für ihn nichts als "ein finsteres Wort", dessen Missbrauch sie beklagt. "Erfolgreiche, Einzel- und Gruppenreisende, Angepaßte und Dominante verlangen ihn rasch von von Pechvögeln. Nach dem Verlust von Freunden, Gliedmaßen, Reisepässen, auf Krankenhaus-, Gefängnis- oder Kasernenfluren und Internatsgängen. Wo fremde Gottverlassenheit, Ausweglosigkeit, Glücklosigkeit ans Licht kommt. (...) Humor gehört zu den obligaten Fächern, zu den Tugenden der Angepaßten."

Die feministische Sprachwissenschaftlerin Luise F. Pusch hingegen praktiziert und verwöhnt in ihren vier Glossen mit dem Witz und der Schlagkraft, mit der sie sich in das Gedächtnis der Literatur- und Sprachinteressierten geschrieben hat. Und am Ende wartet ein aufregender Schluss. 16 Autorinnen wurden gebeten, auf folgende Fragen zu antworten: Verstehen Frauen Spaß? Einen anderen als Männer? Gehört Humor zu den den Frauen zugestandenen Waffen? Welche Bedeutung hat er für die/Ihre Literatur?

Auf nichts wurde in diesem Band vergessen, an alles hat Herausgeberin Daniela Strigl gedacht. Nur der Humor hält nicht das, was die poppige Aufmachung, die schönen Illustrationen und der verheißungsvolle Klappentext versprechen. Er bleibt sprichwörtlich auf der Strecke.

Dennoch schmälert das den Wert dieses Buches nicht. Frauen waren in der Literatur Randerscheinungen und sind es immer noch. Deshalb müssen sie in "Frauen verstehen keinen Spaß" auch kämpfen: mit Männern, mit dem Frau-Sein, mit dem Autorinnen-Dasein, mit sich. Ambivalenz zieht sich durch und durch. Für die einen liegt das Problem auf der Hand. Sie wollen es beseitigen und suchen die Befreiung. Die anderen wehren sich gegen die Opfer-Rolle, die Ideologie und den weiblichen Standpunkt. Sie sehen sich nicht als Einzelgängerinnen, Außenseiterinnen oder Angehörige einer Randgesellschaft, bäumen sich auf. Und manche tragen beides in sich. Zu viel Humor wäre daher ohnedies fehl am Platz.

FRAUEN VERSTEHEN KEINEN SPASS

Von Daniela Strigl (Hg.), Band 9 der Reihe "Profile", hg. vom Magazin des Österreichischen Literaturarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek, Paul Zsolnay Verlag, Wien 2002, 247 Seiten mit zahlreichen Abb., kart., e 18,40

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