US-Kritik an Österreich: Zu lasch gegen Zwangsprostitution

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Ginge es nur nach den verabschiedeten Gesetzen, Österreich wäre unter den Staaten der Europäischen Union ein Vorbild, was den Kampf gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution betrifft. Der Strafrahmen für Menschenhandel zum Ziele der Sklaverei wird nach Paragraf 104 des Strafgesetzbuches mit 10 bis 20 Jahren Haft geahndet. Doch die Realität kommt mit der Härte des Gesetzes bei Weitem nicht mit. Denn vor Gericht wird häufig ein anderer Paragraf angewendet, der grenzüberchreitende Protitution ahndet, und ein Mindeststrafmaß von bloß sechs Monaten vorsieht.

Im März etwa standen sechs Menschenhändler bulgarischer Nationalität in Wien vor Gericht unter dem Vorwurf 31 bulgarische Frauen zur Prostitution gezwungen zu haben. Der Hauptangeklagte der Bande erhielt vier Jahre Haft, der Rest ein bis drei Jahre. Bereits im vergangenen Herbst hatte der Europarat Österreich aufgefordert, doch den strengeren Pargrafen zur Anwendung zu bringen, dessen abschreckende Wirkung weitaus höher sei. Doch das hatte, so scheint es, keinerlei Konsequenzen. Im April 2012 wurden drei serbische Staatsangehörige, die eine Frau zur Arbeit im Escort-Service genötigt hatten, zu Strafen zwischen 12 Monaten und zwei Jahren verurteilt.

"Inadäquate“ Strafen für Täter

Diese lasche Vorgehensweise kritisiert nun auch das US-Außenministerium in einem aktuellen Bericht zur Lage des Menschenhandels. Österreich wird in dem vom State Department herausgegebenen Bericht als "Ziel- und Durchgangsland“ des Menschenhandels bezeichnet. Trotzdem das Land allen Minimalstandards internationaler Abkommen gegen den Menschenhandel entspräche, würden wegen dieses Delikts verurteilte Rechtsbrecher "inadäquate“ Strafen von einem Jahr oder weniger erhalten. Oft würden auch Opfer mit Tätern verwechselt werden. "Darüberhinaus gab es Berichte, wonach die Regierung einige der von Menschenhändlern ausgebeuteten Kinder als Täter behandelten, vor allem in Regionen außerhalb Wiens. Die Empfehlungen des US-Berichterstatters an die Bundesregierung: "Die aggressive Strafverfolgung von Tätern, gesteigertes Training und Programme, Opfer von Menschenhandel, darunter auch zur Prostitution gezwungene Kinder zu identifizieren.“

Auch die EU-Kommission nimmt sich des Problems an, nachdem mehrere Studien die Herkunftsländer der Opfer zunehmend innerhalb der Union orten. So soll eine Mehrheit der zur Prostitution gezwungenen Kinder und Mädchen aus Rumänien und Bulgarien stammen. Die EU hat einen 40-Punkte-Plan verabschiedet, der das Strafmaß auf mindestens fünf Jahre erhöht und eine intensivere Zusammenarbeit von Polizei und Justiz vorsieht. Das soll verhindern, dass die Menschenhändler straffrei bleiben. "Im Jahr 2010 wurden nur 1250 Menschenhändler in den 27 EU-Staaten verurteilt“, sagt EU-Kommissarin Cecilia Malmström, "das ist wirklich ein Skandal.“ (tan)

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