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Frauen sind nicht solidarischer als Männer - und zu Lebzeiten als Vorbilder riskant. Doch die "kleinen" Biografien mutiger Frauen liefern ausreichend Gründe für Bewunderung.

Edit Schlaffer * 1950

Frauen-Lobbyistin

Frauen taugen nicht als Vorbilder - jedenfalls nicht für Frauen. Und keinesfalls Frauen ohne abgeschlossene Biografie. Man weiß ja nie, ob und wann man den bewundernden Blick verständnislos abwenden muss.

Da wäre zum Beispiel die italienische Schriftstellerin Oriana Fallaci, die vor Jahrzehnten wunderbare Bücher geschrieben hat. Seit dem 11. September 2001 befindet sie sich aber auf einem Feldzug gegen Moslems, auf dem man ihr nicht folgen will. Da wäre auch die amerikanische Top-Managerin Carly Fiorina, die den Vorstandsvorsitz beim Computer-Giganten Hewlett-Packard aufgeben musste und alle weiblichen Vorbild-Willigen mit ihrer Enttäuschung und auch noch einer mühsamen Opfer-Täter-Diskussion zurückließ; also somit mit einem ganz und gar sinnlosen, zeitraubenden und wenig konstruktiven Unterfangen.

Programmierte Sinnkrise

Denn: Wenn Frauen scheitern, lässt es sich nach wie vor nicht endgültig klären, ob dieses Scheitern selbstverschuldet oder von Männern geschickt inszeniert worden ist. Bei Fiorinas tiefem Fall im Februar dieses Jahres zum Beispiel prallten die Meinungen hart aufeinander: Die einen sahen sie als Täterin eines völlig überzogenen medien-geilen und zudem unkommunikativen Führungsstils, was in einem Schwung auch gleich mit dem Mythos des Kommunikationsvorteils von Managerinnen ihren männlichen Kollegen gegenüber aufgeräumt hat. Andere wiederum sahen sie als Opfer einer Männer dominierten geschlossenen Firmen-Gesellschaft. Als weiblicher "Eindringling" von außen hätte sie so und so nie eine echte Chance gehabt. Diese Andeutung allein muss aber alle Vorbild-Willigen in eine tiefe Sinnkrise stoßen: Hätte eine angeblich geniale Managerin wie Fiorina die spezifische Firmenkultur nicht erkennen und darauf entsprechend reagieren müssen? Und wie genial sind solche Frauen dann eigentlich?

In der Solidaritätsfalle

Man sollte grundsätzlich zwischen Anerkennung, Bewunderung und Vorbild unterscheiden. Letzteres sollte man gewissermaßen posthum festlegen, also bei Betrachtung eines gesamten Lebens. Damit können zwei - feminismustechnisch gesehen - gefährliche Dinge vermieden werden: Die Enttäuschung bei unerfüllten Erwartungen, die umso schmerzlicher ausfallen muss je größer die Bewunderung. Zweitens die so genannte Solidaritäts-Falle. Von verstorbenen Heldinnen ist Solidarität naturgemäß nicht mehr einzufordern, daher müssen diese auch nicht an dem Anspruch des theoretischen Feminismus gemessen werden, dass Frauen sich grundsätzlich zu anderen Frauen solidarischer verhalten als Männer zueinander. Dieser Anspruch gehört ebenso zu den Mythen wie die Annahme, Frauen seien generell kommunikativer - auch in den höchsten Positionen.

Nicht zufällig dürfte Edit Schlaffer daher den Konjunktiv benützt haben, wenn sie den Zusammenhang zwischen Vorbildfunktion, Stärke und Macht herstellt und meint, dass Frauen hierbei das Gemeinwohl im Auge haben sollten - und in diesem Punkt einen guten Beitrag zu leisten "hätten". Diese Skepsis kann nur aus der Beobachtung, der Erfahrung und der Geschichte kommen. Und man kann sie teilen.

Kleine ganz groß

Und so sind es eher die "kleinen" Biografien noch aktiver Frauen, die man nach vorbildlichem Verhalten durchstöbern sollte. Ob das nun jene Frau in Afghanistan ist, die Präsident Karsai offen entgegentrat, wie Schlaffer erwähnt; oder jene Pakistani, die den Kampf gegen ihre Vergewaltiger nicht aufgab, bis diese doch von einem Gericht verurteilt wurden; oder Cindy Sheehan, die Mutter eines im Irak gefallenen us-Soldaten, die vergangenen Sommer zum "Gesicht" der Anti-Kriegs-Bewegung in Amerika wurde; oder die Mütter der Plaza de Mayo in Argentinien, die nach 28 Jahren noch immer Gerechtigkeit für ihre unter der Militärdiktatur verschwundenen Kinder einfordern. Woche für Woche.

In Summe liefern also die kleinen Biografien, voll Mut und Beharrlichkeit, genügend Stoff für Nachdenklichkeit und ausreichend Gründe für Bewunderung. Und diese lassen sich ja auch in Schlaffers Organisation "Frauen ohne Grenzen" entdecken.

Die Autorin ist freie Journalistin.

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