Hospiz

VinziDorf-Hospiz: "Alle Gefühle haben Platz“

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Seit mittlerweile fünf Jahren werden im VinziDorf-Hospiz der Grazer Elisabethinen unheilbar kranke, wohnungslose Menschen begleitet. Über einen Ort der Würde am Lebensende.

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Seit mittlerweile fünf Jahren werden im VinziDorf-Hospiz der Grazer Elisabethinen unheilbar kranke, wohnungslose Menschen begleitet. Über einen Ort der Würde am Lebensende.

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Vier Träger schieben den Sarg mit Herbert aus der Grazer Stadtpfarrkirche St. Leonhard. Beim Hinausgehen bekommt jeder eine gelbe oder orange Chrysantheme: die Mutter des Verstorbenen, die im Rollstuhl sitzt, der Vater, die Schwester und der Bruder, dann die Sozialarbeiter, die Pflegerinnen, die Ärztin und Herberts letzte Freunde vom VinziDorf.

Der Trauerzug braucht lange für den Weg zum Friedhof, der gerade einmal hundert Meter entfernt ist. Er führt vorbei an jenem „Dorf“ bemalter Container, in dem Herbert lange gewohnt hat, und vorbei am dazugehörigen Hospiz, wo er in den letzten Monaten gepflegt wurde. Oft ist er diesen Weg mit seinen Freunden entlanggegangen. Am Ende musste er dennoch ins Krankenhaus. „Er starb dort auf der Onkologie, wir konnten ihn nicht mehr zurückholen“, erzählt Katja Wahrbichler, diplomierte Gesundheits-und Krankenpflegerin bei der Ordensgemeinschaft der Elisabethinen. Neben ihr geht Angelika Döller, eine der zehn ehrenamtlichen Hospizbegleiterinnen.

Abschiede als Teil des Alltags

Abschiede sind mit der Tätigkeit der beiden Frauen untrennbar verbunden. Sie fallen immer schwer. Aber besonders schwer fallen sie, wenn ein Mensch nicht in der vertrauten Umgebung begleitet werden konnte. Schließlich hat die Ordensgemeinschaft der Elisabethinen als Trägerin des Hospizes den Anspruch, für jeden einzelnen Menschen am Lebensende da zu sein, ihm Heimat zu geben, Familie zu sein. Unheilbar kranke und sterbende Menschen führen die eigene Endlichkeit vor Augen.

Obdachlose erinnern an die Möglichkeit des Scheiterns, Fallens und Liegenbleibens – trotz Sozialstaats. Wer hilft vom Schicksal an den Rand der Gesellschaft gestoßenen Menschen? Wer reicht den Unsichtbaren die Hand? Weil die Grazer Elisabethinen die Notwendigkeit einer Einrichtung sahen, die sich Menschen in dieser doppelten Notsituation annimmt, haben sie vor fünf Jahren in Zusammenarbeit mit den VinziWerken das VinziDorf-Hospiz ins Leben gerufen.

„Jeder Mensch hat seine unverwechselbare Biografie mit Hoffnungen, Träumen, Sorgen und Ängsten, die sie hierher ins Hospiz mitnehmen. Es soll ein Ort sein, an dem Leben in Würde bis zum Ende möglich ist“, betont die Generaloberin des Ordens, Schwester Bonaventura Holzmann, bei der Feier zum fünften Geburtstag dieses besonderen Hauses. Und auch Gerold Muhri, Palliativmediziner und medizinischer Leiter des Hospizes, unterstreicht diese Haltung bedingungsloser Hilfe: „Wir fragen nicht, woher der obdachlose Mensch kommt, ob er etwas verbrochen hat, ob die Polizei nach ihm sucht. Wir fragen nur, ob er Hilfe braucht. Und dann nehmen wir ihn auf.“

Als die Idee für ein solches Hospiz aufgekommen sei, habe er sich zusammen mit der Leiterin des Palliativbereichs bei den Elisabethinen, Desirée Amschl-Strablegg, nach Vorzeigemodellen umgesehen – und dabei „ins Leere“ geblickt, wie er sagt. Doch mit Unterstützung und viel Vertrauensvorschuss sei dieses europaweit einzigartige Projekt schließlich gelungen. Die Styria Media Group (mit FURCHE, Presse und Kleiner Zeitung) kooperiert bereits seit 2013 unter dem Titel „Am Ende. Leben“ mit den Elisabethinen im Bereich Palliative Care und Hospizarbeit. Dazu kam die Unterstützung des Grazer Messtechnikunternehmens Anton Paar GmbH, ohne die der Hospizbau nicht möglich gewesen wäre.

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