Vom Handel mit Menschen: Eine Geschichte der Sklaverei
Im portugiesischen Lagos, heute ein pittoresker Touristenort, landeten 1444 die ersten afrikanischen Sklaven. Eine Reise in die Geschichte der Sklaverei, die bis heute andauert.
Im portugiesischen Lagos, heute ein pittoresker Touristenort, landeten 1444 die ersten afrikanischen Sklaven. Eine Reise in die Geschichte der Sklaverei, die bis heute andauert.
Eigentlich wollte ich Freunde in der Nähe von Lissabon besuchen, doch die mussten in Quarantäne. Beim Stöbern unter dem Stichwort Algarve tauchte der Name „Lagos“ auf. Irritiert klickte ich weiter – ist Lagos nicht die Hauptstadt von Nigeria? Ja. Doch früher lag Lagos nur in Portugal.
Der Bus brauchte von Lissabon nach Lagos vier Stunden. Er hielt in der Nähe eines Hafens voll von kleineren und größeren Segelyachten. Auf der anderen Seite der mehrspurigen Straße öffnete sich das Meer. Kleine Häuser, verwinkelte Straßen, in Lagos hat man die Bausünden spanischer und portugiesischer Ferienorte vermieden. Die weißen Bettenburgen und Wohnblöcke beginnen erst weiter landeinwärts, hinter der Stadtmauer aus dem 18. Jahrhundert.
Das mittelalterliche Lagos hat der Tsunami nach dem Erdbeben von 1755 weitestgehend dem Erdboden gleichgemacht. Die kleine, karge Zitadelle, deren Wachtürme den Eingang zu den Stränden bewachen, erinnert an den bedeutenden Hafen der Stadt, an die großen Seeschlachten, die hier zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert geschlagen wurden: Portugiesen gegen Spanier gegen Engländer gegen Franzosen. Die letzte große Schlacht fand 1759 statt. Heute ist Lagos eine Touristendestination mit pittoresken Stränden und einem charmanten kleinen Ortskern samt zahllosen Restaurants.
Landung am Sklavenmarkt
Dem weißgetünchten, unscheinbaren kleinen Gebäude am Rande der Altstadt sieht man seine historische Bedeutung nicht an. Hinter dem einladenden Portiko des ehemaligen Sitzes der Zollbehörde befindet sich ein Museum: „Mercado de Escravos“, Sklavenmarkt. An diesem Ort landeten 1444 portugiesische Schiffe mit rund 250 senegalesischen Männern, Frauen und Kindern – die ersten afrikanischen Sklaven in Europa. Sie wurden auf den Platz vor der Stadt getrieben, manche weinten, manche starrten vor sich hin, manche sangen traurige Lieder. Und sie versuchten sich zu wehren, als man die Familien auseinanderriss, schreibt der Chronist Gomes Eanes Zurara. Einige nahm König Heinrich der Seefahrer für sich, die anderen wurden verkauft. Es war der Beginn des europäischen Sklavenhandels aus Schwarzafrika , ein lukratives Geschäft, das den europäischen Händlern manchmal das Dreifache der Investition in die Schiffe als Rendite brachte.
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