Von der "Generation X" zu "Generation Ich"

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Ganz im Zeichen der Jugend standen heuer die "Reichersberger Pfingstgespräche" der ÖVP Oberösterreich in Linz. Christian Friesl, Präsident der Katholischen Aktion Österreichs, präsentierte dort Ergebnisse der neuen "Jugend-Wertestudie 1990-2000". Hier die interessantesten Passagen.

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Ganz im Zeichen der Jugend standen heuer die "Reichersberger Pfingstgespräche" der ÖVP Oberösterreich in Linz. Christian Friesl, Präsident der Katholischen Aktion Österreichs, präsentierte dort Ergebnisse der neuen "Jugend-Wertestudie 1990-2000". Hier die interessantesten Passagen.

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Jugendliche werden heute häufig als "unübersichtliche Generation" bezeichnet, womit die Pluralisierung einer Altersgruppe in viele Kulturen, Szenen, Trends und Lebensstile beschrieben werden soll. Jugendliche leben in einer Welt, in der vieles nicht mehr gilt und sie sehen sich dem Problem oder der Chance ausgesetzt, aus den Versatzstücken der verschiedenen Kulturen und Ideologien eine persönliche Weltanschauung zimmern zu müssen. Jung sein wird immer mehr zum Experiment.

Bei der Charakterisierung der jungen Generationen zeigt sich, dass Jugendliche in vielen Belangen nicht anders sind als die erwachsenen Mitglieder unserer Gesellschaft. Untersuchungen dokumentieren, dass gerade im Bereich der Einstellungen und Werte Jugendliche und ihre Eltern sich einander angenährt haben, die Wissenschaft spricht vom "verschwundenen Generationskonflikt". Für die Jugendlichen bedeutet dies auch, dass es schwer geworden ist, heute eine eigene jugendliche Kultur zu bilden. Das Jungsein gehört den Jugendlichen schon lange nicht mehr allein, beinahe in allen Altersgruppen ertönt die Hymne des "Forever young". Die Grenzen zwischen Jungsein und Erwachsensein verschwimmen, Jugendkultur ist ein Teil der Erwachsenenkultur.

Umgekehrt ist es ein Merkmal der modernen Kultur, dass sie Vielfalt begünstigt, ja geradezu erzwingt. Jugendliche werden zu Recht häufig als die "unübersichtliche Generation" bezeichnet, gemeint ist damit die völlige Pluralisierung einer Altersgruppe in viele Kulturen, Szenen, Trends und Lebensstile. "Hundert Leben könnt ich leben" nennt Jörg Matzen einen Beitrag über die Lebenslagen heutiger Jugendlicher und deutet damit die unübersehbare Fülle von potentiellen Lebenskonzepten an.

Alle wollen jung sein Eine Definition der Altersgruppe der Jugendlichen ist angesichts ihrer Differenziertheit schwierig. Obwohl die Zahl der Jugendlichen im deutschsprachigen Raum im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung drastisch abnimmt, wird die subjektive Generation der jungen Menschen größer: Sie dehnt sich gleichsam "nach oben und unten" aus, es gibt erwachsene Kinder und jugendliche Erwachsene, ein bestimmtes Alter ist längst kein verlässliches Kriterium für die Zugehörigkeit zur Kinder-, Jugend- oder Erwachsenengeneration mehr. Die neueren sozialwissenschaftlichen Standards fassen unter "Jugend" die Altersgruppe der Elf- bis 29-Jährigen zusammen und unterteilen die Gruppe häufig in junge Jugendliche oder "Kids" (11 bis 14), Jugendliche (15 bis 20) und junge Erwachsene über 20.

Obwohl das Jugendalter nach wie vor eine eigenständige Lebensphase ist, die nach spezifischen Gesetzmäßigkeiten verläuft, spricht man in der Jugendforschung vom "Untergang der Jugend": Während "Kids" erwachsen anmutenden Diskussionen führen, wohnen 25-Jährige oft noch im "Hotel Mama". Die Adoleszenz wird um die sogenannte "Postadoleszenz" erweitert. Ob man darin eine neue Entwicklungszeit mit spezifischen Chancen und Problemen sieht oder von pathologischem Puerilismus spricht, der die Weiterentwicklung verzögert, ist eine Frage der Perspektive. Jugendliche von heute sind jedenfalls "anders" jung als noch vor zehn Jahren: * Aufgrund der durchlässigen Generationengrenzen und der vor allem durch die Medien verursachten gesellschaftlichen "Transparenz" sind Jugendliche heute frühzeitig mit den Problemen der Erwachsenenwelt konfrontiert. Das Jugendalter ist kein geschützter Raum mehr.

* Dies hängt auch damit zusammen, dass wir im Unterschied zu anderen Zeiten und Kulturen in einer "präfigurativen" Gesellschaft leben, in der die Alten von den Jungen lernen (müssen): Man denke zum Beispiel an den Umgang mit den neuen Medien. Jugend wird so schrittweise zum gesellschaftlichen "Vorbild" umdefiniert.

* Erwachsensein gilt vielen Jugendlichen als abschreckend, weil es mit Stagnation, Resignation oder Unflexibilität assoziiert wird. In einer Welt, die Mobilität, Dynamik und Flexibilität zu Leitwerten erklärt, wollen auch die Erwachsenen jung bleiben.

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