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Ins Wiener Wahlkampf-Finale mischen sich Untergriffe zum Thema Schwangerschaftsabbruch.

Das Mail kam "Zur Kenntnisnahme", mit dem diffusen Absender "Recht auf Leben". An 300 Medienvertreter, 600 Politiker und fast 1.000 Vereine und Privatpersonen sollte die ungebetene Post ergehen. Darauf zu sehen: die Überreste eines menschlichen Embryos, eingepasst in ein manipuliertes spö-Wahlplakat. "Wählen wir Abtreibung. Wählen wir Mord" steht geschrieben, "spö. Just abort it!" Darunter das Foto der Wiener Frauenstadträtin Sonja Wehsely.

Das Mail markiert den geschmacklosen Tiefpunkt im Wiener Wahlkampf-Finale. Von wem der Untergriff stammt, bleibt freilich ungeklärt: Elektronische Rückfragen an die Adresse des Absenders bleiben unbeantwortet.

Regelmäßig belästigt

Umso mehr blühen die Phantasien, wer hinter der Aktion stecken könnte. Das Opfer der Diffamierungs-Kampagne, Sonja Wehsely, vermutet die Urheber in jenen "radikalen Lebensschützern", die regelmäßig Österreichs bekannteste Abtreibungsklinik, das "Ambulatorium am Fleischmarkt" im ersten Wiener Gemeindebezirk, belagern. Mit 13. Juli wurden die Mahnwachen freilich empfindlich gestört: Damals trat die Novelle des Landessicherheitsgesetzes in Kraft, das die Polizei befugt, Personen wegzuweisen, die Frauen vor der Klinik ansprechen oder Plastik-Embryonen verteilen. Die vorläufige Bilanz der Novelle, die im Wiener Gemeinderat mit den Stimmen von spö und övp beschlossen wurde: sieben Wegweisungen, elf Interventionen. "Das Mail zeigt die Brutalität dieser Gruppierungen und ist der Beweis dafür, wie sehr wir diese radikalen Aktivisten mit dem Wegweiserecht ins Mark getroffen haben", heißt es aus dem Büro Wehselys.

Ganz andere Hintergründe ortet indes Gudrun Kugler-Lang, ehemalige Vorsitzende der Weltjugendallianz Europa und nunmehrige Kandidatin der Wiener övp auf dem 18. Listenplatz: "Das Mail wurde von Abtreibungsbefürwortern gemacht, um Abtreibungsgegner zu diskreditieren", ist Kugler-Lang überzeugt - und weist zugleich Vermutungen zurück, das Massenmail könnte aus ihrem Pro-Life-Umfeld stammen. "Abtreibung ist sicher kein Wahlkampfthema", erklärt die 29-Jährige. Gleichwohl nimmt das Thema Lebensschutz in ihrem Vorzugsstimmenwahlkampf eine zentrale Stellung ein. Und was ist mit dem Wegweiserecht? "Das ist eine überschießende Maßnahme, die eher ideologisch motiviert ist", meint die Jungpolitikerin.

Falsch verdächtigt

Weniger Probleme mit dem Wegweiserecht hat indes die "Aktion Leben Österreich". "Wir haben zwar dazu nicht Stellung genommen", erklärt Generalsekretärin Gertraude Steindl, "prinzipiell bin ich aber der Meinung, dass man Frauen, die sich einer Abtreibungsklinik nähern oder sie betreten wollen, nicht belästigen darf." Umso mehr ärgert sich Steindl darüber, dass ihre Einrichtung oft für Dinge verdächtigt werde, "mit denen wir überhaupt nichts zu tun haben". Den Aktionismus vor dem Salzburger St.-Johanns-Spital, in dem ein Ärzteteam um den Wiener Frauenarzt Christian Fiala seit April Schwangerschaftsabbrüche durchführt (und dafür regelmäßig Drohbriefe erhält), habe sie als "völlig ignorant" empfunden; das nunmehrige Mail über die Wiener sp-Stadträtin Sonja Wehsely als "absolut geschmacklos".

Kaum unterstützt

Gleichzeitig kritisiert Steindl die mangelnde Unterstützung der Stadt Wien bei der Beratung schwangerer Frauen in Krisensituationen. "Wir bekommen auf der einen Seite von den Wiener Jugendämtern Klientinnen zugewiesen, die wir auch gerne beraten. Aber auf der anderen Seite tut man so, als würden wir nicht existieren", ärgert sich Steindl. So sei jenes Lager, das ihnen von der Stadt für die Aufbewahrung von Babykleidung für bedürftige Mütter zur Verfügung gestellt wurde, "zu klein, feucht und ohne Toilette" gewesen. Auch würde in Publikationsorganen nur nach vorheriger Intervention auf die Beratungsleistung der "Aktion Leben" hingewiesen, obwohl man im Vorjahr 3541 Beratungsgespräche geführt habe.

Eine Kritik, die man im Büro von Sonja Wehsely zurückweist: Die Stadt Wien habe "in ihren eigenen Einrichtungen viele Beratungsstellen für schwangere Frauen und werdende Mütter. Darüber hinaus werden keinerlei private Vereine gefördert." Im übrigen gebe es im Frauenressort "keinen Antrag dieses Vereins auf Förderung".

Infos: www.aktionleben.at

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