Mündliche Matura - © Foto: APA / Herbert Neubauer

Was ohne einen externen Maturavorsitz fehlt

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Wenn ab 1. Juni die mündliche Matura startet, präsentieren sich Maturant(inn)en vor einer Kommission ohne externen Vorsitz. Warum das ein Fehler ist. Ein Gastkommentar.

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Wenn ab 1. Juni die mündliche Matura startet, präsentieren sich Maturant(inn)en vor einer Kommission ohne externen Vorsitz. Warum das ein Fehler ist. Ein Gastkommentar.

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Die Covid-Pandemie hat die österreichische Schule vielfältig und wohl auch nachhaltig verändert. Zum einen wurde deutlich, wie wenig tauglich das Konzept des eigenverantwortlichen E-Learnings ohne Lehrperson in Wahrheit ist; zum anderen brachte die Pandemie – so wie allerorten – schonungslos die Schwach- und Baustellen des Systems zutage. Eine davon war und ist die Reifeprüfung. Diese hat schon lange vor Covid einen sukzessiven Bedeutungsverlust erlebt.

Inzwischen ist es so weit gediehen, dass die Universitäten und Fachhochschulen sich gezwungen sehen, Studieneingangsphasen dazwischenzuschalten, um diejenigen Absolventinnen und Absolventen der Gymnasien und höheren Schulen herauszufiltern, die wirklich geeignet und willens sind, eine akademische Laufbahn einzuschlagen. Früher reichte dafür die bestandene Reifeprüfung.

Während der Covid-Pandemie hat das Bildungsministerium einige Maßnahmen gesetzt, die angebracht erschienen, die von Home-Schooling, Unterrichtsentfall und psychischem Stress betroffenen Maturantinnen und Maturanten zu entlasten und unnötige Kontakte zu reduzieren. Einige dieser Regelungen sind erhalten geblieben, wie zum Beispiel die Verrechnung der Jahresnote in die Maturanote.

Geht es nach den zuständigen Stellen im Bildungsministerium, soll nun auch eine andere Maßnahme, die ursprünglich der Kontaktreduktion und der besseren Terminkoordination gegolten hat und inzwischen eigentlich obsolet ist, beibehalten werden: nämlich das Einsparen des externen Vorsitzes bei der Reifeprüfung. Das ist eine durch und durch abzulehnende Entscheidung.

Unvoreingenommene Außensicht

Der Vorsitzende hat die Aufgabe, an einem ihm fremden Schulstandort die Vorwissenschaftlichen Arbeiten (VWAs), die Präsentationen derselben sowie die schriftliche und mündliche Reifeprüfung zu beobachten und in allen Bereichen zu kontrollieren, ob die formalen Vorgaben des Ministeriums eingehalten wurden.

Nicht zuletzt hat er die Aufgabe, durch seine bloße Anwesenheit der Reifeprüfung eine zusätzliche Bedeutung und Würde zu verleihen. Die ersten beiden genannten Sachverhalte dienen der Kontrolle und der Vergleichbarkeit: Wenn für alle Schülerinnen und Schüler in Österreich die gleichen Regeln gelten sollen, um die Reifeprüfung zu bestehen (und das gebieten der Gleichheitsgrundsatz und die Grundidee einer standardisierten Reifeprüfung), dann ist es auch Aufgabe der Behörde, die Befolgung dieser Regeln zu überwachen und damit zu gewährleisten.

Stellt man mit einer Wiedereinführung des externen Vorsitzes die handelnden Personen von den Direktoren abwärts unter Generalverdacht, dass sie sich ohne diese Kontrolle die Ergebnisse der Reifeprüfung ohnehin so richten würden, wie sie sie gerne haben wollten? Zeugt die Entsendung eines Vorsitzenden von fehlendem Vertrauen der Obrigkeit in die Kompetenz der Schulstandorte? Sollte die Abwicklung der Reifeprüfung nicht in den Bereich der Schulautonomie verschoben werden? Alle drei Gegenargumente gehen im Kern an der eigentlichen Sache vorbei, sind also – schulisch gesprochen – eine Themenverfehlung.

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