Weiterbildung nach der Lehre

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Im furche-Gespräch erklärt die Arbeitsmarktexpertin gudrun biffl vom Wirtschaftsforschungsinstitut, warum die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen steigt und wo sie einen Ausweg sieht.

Die Furche: Frau Biffl, welche speziellen Probleme haben Jugendliche auf dem Arbeitsmarkt?

Gudrun Biffl: Große Probleme haben vor allem gering Qualifizierte. Jene, die nur oder nicht einmal einen Hauptschulabschluss haben. Und jene, die eine Lehre abgebrochen haben. Sie hatten schon nicht die Disziplin, eine Ausbildung fertig zu machen; wie sollen sie dann den Disziplinierungen durch den Arbeitsmarkt gewachsen sein? Dieses Stigma bleibt, auch wenn sie einen Abschluss nachholen.

Die Furche: Aber auch die Arbeitslosigkeit unter Lehrabsolventen ist hoch.

Gudrun Biffl: Ja, denn es kommen natürlich noch die allgemeinen Gründe für Arbeitslosigkeit dazu: ein massiver Strukturwandel durch eu-Erweiterung, Globalisierung und neue Wettbewerbssituation. Große, spezialisierte Unternehmen verlagern ihre Produktion und damit die Jobs vor allem im mittleren Qualifikationssegment ins Ausland. Die Klein-und Mittelbetriebe, die da nicht mithalten können, kämpfen ums Überleben und können sich eben noch ein paar Lehrlinge leisten. Aber sie können es sich nicht leisten, sie nach der Lehre zu behalten. Deshalb verlieren rund 60 Prozent der Leute binnen eines halben Jahres nach dem Abschluss ihre Arbeit. Das erklärt den Anstieg der Arbeitslosigkeit bei den 20-bis 24-Jährigen. Der Wandel kommt von außen und trifft die österreichische Infrastruktur, die darauf nicht gut vorbereitet ist.

Die Furche: Wenn die Jobs im mittleren Qualifikationssegment wegfallen, müssen also die Qualifikation verbessert werden.

Biffl: Man muss erkennen, dass allein die Lehrausbildung nicht notwendigerweise die zukunftsführende Ausbildung ist. Aber man hat erst sehr spät begonnen, sich darüber Gedanken zu machen, dass Lehrabsolventen eine Qualifikationsbarriere haben. Sie konnten sich bis 1996 außer im Betrieb nicht weiter qualifizieren. Als Konsequenz dieser Überlegung wurde dann die Berufsreifeprüfung eingeführt. Die Lehrabsolvente haben damit die Möglichkeit bekommen, sich in Modulen in ihrem jeweiligen Fach weiter zu qualifizieren und schließlich eine Berufsmatura abzulegen. Das machen jedes Jahr etwa 7.000 Leute. Und dort ist auch ein Beschäftigungswachstum zu verzeichnen.

Die Furche: Klingt, als wäre die Berufsreifeprüfung die optimale Möglichkeit, die Jobaussichten deutlich zu verbessern.

Biffl: Optimal sicher nicht, denn man darf nicht vergessen, dass die Berufsreifeprüfung der zweite Bildungsweg ist, den man privat bezahlen muss. Das muss man sich erst einmal leisten können. Schließlich haben junge Leute meistens wenig Geld. Das Erstausbildungssystem sieht aber nichts dergleichen vor. Dort ist mit der Lehre nach wie vor das Ende erreicht. Besser wäre es, wenn Lehrabsolventen automatisch die Möglichkeit hätten, berufsbegleitend eine modulare Weiterbildung zu machen. Und wenn sie das eben auch bezahlt bekommen würden.

Die Furche: Stichwort bezahlen: Was halten Sie von Kombilohn und Blum-Prämie?

Biffl: Das sind interessante Überbrückungsmaßnahmen. Aber den nötigen Strukturwandel der Ausbildungsschiene Lehre sehe ich darin nicht.

Das Gespräch führte Claudia Feiertag.

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