Weiterhin ungeklärt: der Fall Omofuma

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Österreich auf der Anklagebank

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Der Nigerianer Marcus Omofuma starb am 1. Mai 1999, nachdem er an Bord eines Flugzeugs, mit dem er aus Österreich abgeschoben werden sollte, das Bewusstsein verloren hatte. Während über die eigentliche Todesursache von Marcus Omofuma widersprüchliche Gutachten vorliegen, besteht der ernst zu nehmende Verdacht, dass die von den Polizeibeamten angewendeten Zwangsmaßnahmen und das Ausmaß der Gewalt, mit der sie den Widerstand von Marcus Omofuma bei seiner Abschiebung zu brechen versuchten, zu seinem Tod beigetragen haben.

Nach Aussagen von Zeugen war Marcus Omofuma gefesselt und geknebelt "wie Schlachtvieh" von den Polizisten an Bord der Maschine getragen worden. Im Heck des Flugzeugs zwangen die Beamten ihn in eine leere Sitzreihe und banden ihn fest, indem sie "seinen gesamten Oberkörper einschließlich der Arme wie eine Mumie mit Klebeband umwickelten". Als Marcus Omofuma noch immer protestierte, wickelten sie weiteres Klebeband bis zu seinem Kinn und fesselten ihn außerdem mit einem Plastikgurt an den Sitz. "Er strampelte wie wild," berichtete ein anderer Zeuge, "und versuchte immer wieder, Luft zu bekommen. Aber die Beamten unternahmen nichts. Der Mann schien wirklich um sein Leben zu kämpfen."

Der Flug ging von Wien in die bulgarische Hauptstadt Sofia, wo die österreichischen Behörden für den Anschlussflug nach Lagos in Nigeria am 2. Mai 1999 einen Platz für Marcus Omofuma reserviert hatten. Als das Flugzeug in Bulgarien landete, war der Nigerianer nicht mehr bei Bewusstsein. Bis ein Arzt eintraf und den Mann untersuchte, war bereits der Tod eingetreten. Bei einer kurz darauf in Bulgarien durchgeführten Autopsie wurde als Todesursache Ersticken festgestellt.

Doch ein Herzleiden?

Doch mehr als ein Jahr nach dem Tod von Marcus Omofuma hat die Justiz ihre Untersuchungen noch immer nicht abgeschlossen. Nach wie vor besteht Unklarheit darüber, inwieweit die drei Polizeibeamten, die den Nigerianer auf dem Flug begleitet hatten, für ihre Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden, da die Todesursache nach einer zweiten, in Österreich durchgeführten Obduktion strittig ist. Diese hatte mit der Feststellung geendet, möglicherweise habe ein unentdeckt gebliebenes Herzleiden zum Tod von Marcus Omofuma beigetragen.

Untersuchungen haben ergeben, dass im Mai 1999 unter den Polizeibeamten Unklarheit darüber bestand, welche Formen physischer Zwangsmaßnahmen sie bei Abschiebungen anwenden dürfen. Berichten zufolge hatte der Leiter der Wiener Ausländerpolizei bereits im September 1998 die Anwendung von Mundknebeln verboten und erklärt: "dass der Schubhäftling wieder in das Polizeigefangenenhaus zurückzubringen ist, wenn eine Abschiebung nur unter Verklebung des Mundes möglich ist."

Dennoch soll im Mai 1999 einer der drei an der Abschiebung von Marcus Omofuma beteiligten Polizisten erklärt haben, in seiner Polizeidienststelle habe jeder gewusst, dass die Knebelung von Häftlingen bei ihrer Abschiebung gängige Praxis war.

Im Mai 1999 gab der Innenminister eine Erklärung heraus, mit der er die Anwendung von Mundknebeln ausdrücklich unter Verbot stellte. amnesty international fordert darüber hinaus eindeutigere Richtlinien über die Anwendung von Gewalt und die bei Abschiebungen zulässigen Zwangsmaßnahmen.

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