"Wer Frauen lehrt, lehrt das ganze Volk"

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In Mosambik, aber nicht nur dort, liegt die Verantwortung für viele Lebensbereiche bei Frauen. Deswegen müssen Entwicklungshilfe-Projekte speziell Frauen ansprechen.

Am einfachsten ist es, Frauen am Brunnen anzutreffen. Dort müssen alle hin, mehrmals am Tag. Sie sind es ja, die die Familie mit Wasser versorgen." Manuela Filipe Cardoso ist Animadora in Dondo, einer kleinen Stadt in Mosambik, Provinz Sofala. Eine Animadora informiert, bildet aus, regt an. Manuela spricht mit Frauen über Wasser, in zweifacher Hinsicht: Wasser ist im Sinne von Hygiene und Reinlichkeit richtig zu gebrauchen. Damit können viele Krankheiten vermieden werden. Und: Ein Brunnen braucht Wartung, um lange genutzt werden zu können.

Die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit (oeza) ist seit längerer Zeit in Dondo tätig. Das dortige Entwicklungshilfe-Projekt widmet sich so wie in anderen Gebieten der Provinz dem Thema Wasser. Es werden Brunnen gebaut sowie sanitäre Anlagen. Beides muss Hand in Hand gehen, sollen die wasserbezogenen Erkrankungen eingedämmt werden.

An Frauen vorbeiarbeiten

Maria de Fátima A. Francesco, die Koordinatorin der Projekte in Dondo erläutert, wie wichtig es ist, bei jedem Vorhaben herauszufinden, welche Auswirkungen die Programme auf Frauen und Männer haben. "Sonst arbeitest du an den Frauen vorbei." Beispiel Wasser: "Frauen leiden am meisten, wenn sie kein sauberes Wasser in der Nähe haben. Egal wie weit sie um Wasser gehen müssen, die restliche Arbeit nimmt ihnen niemand ab."

In Dondo wurden in allen Bairros, so werden in Mosambik die Wohnviertel genannt, Brunnen gebaut. Sie müssen gewartet werden, um funktionstüchtig zu bleiben. Die Bevölkerung der Bairros wählt die Mitglieder der Wasserkomitees: mehrheitlich Frauen. Maria Imaculada Benjamin ist eine von ihnen: "Wir arbeiten direkt am Brunnen. Wir achten auf Reinlichkeit. Wir heben die Gebühr ein. Wir haben gelernt, kleine Reparaturen selbst zu machen oder Ersatzteile anzufordern."

"Ich bin Verkäuferin am Markt", erzählt wiederum Celeste Amossa unter dem schützenden Dach einer aus oeza-Mitteln neu errichteten Markthalle. Früher, sagt sie, musste sie ihre Tomaten am Straßenrand anbieten. Alles war staubig und der Witterung ausgesetzt. Jetzt zahlen die Händlerinnen eine kleine Gebühr für den Stand und Reinigungskräfte wurden engagiert.

"Dieser Bau wurde von der Gemeindevertretung gewünscht", berichtet Maria de Fátima: "Die Halle ist für die Weiterentwicklung von Dondo tatsächlich sehr wichtig. Der Handel läuft hygienischer ab, die Händlerinnen sind vor Vandalen besser geschützt. Jetzt gibt es einen guten Überblick für die Käuferinnen und Käufer." De Fátima möchte noch mehr für die Frauen des Bezirks und mit ihnen umsetzen. "Es würde sich lohnen, noch stärker in die Ausbildung der Mädchen und Frauen zu investieren."

In der Umgebung von Dondo leben fast alle von der Landwirtschaft. Vor allem Frauen arbeiten auf den Machambas, den kleinen Feldern der Familien, und machen alles mit der Hand. Sie bräuchten Unterstützung, um mechanisieren zu können und die Erträge zu steigern. "Es gibt keine Tradition, Obst und Gemüse zu konservieren. Wenn im Dezember Mango-Zeit ist, verrotten tausende Früchte auf den Straßen. Man könnte Marmelade machen oder Saft. Das gleiche mit Ananas. Zwiebel könnte man trocknen. Unsere Leute denken zu wenig an morgen." Maria de Fátima erregt sich richtiggehend. Sie hätte viele Ideen. "Nein, ohne Frauen geht nichts", ist sie überzeugt. Frauen sind für die Kinder, für Kranke und Alte verantwortlich. Wenn die Männer die Familie verlassen, bleibt die ganze Verantwortung bei den Frauen. "Wir haben das Sprichwort: Lehrst du einen Mann, lehrst du ein Individuum. Lehrst du eine Frau, lehrst du die ganze Nation."

Gleichstellung nur auf Papier

Frauen sind in Mosambik so wie in allen Entwicklungsländern stark benachteiligt. Nur ein Drittel von ihnen kann lesen und schreiben, gegenüber zwei Dritteln der Männer. Bei höherer Bildung geht die Schere noch weiter auseinander. Mädchen werden jung verheiratet und brechen deshalb die Schulbildung frühzeitig ab. Bezahlte Jobs stehen mehrheitlich Männern zur Verfügung. Frauen arbeiten vor allem im informellen Bereich: in der Subsistenz-Landwirtschaft, im Handel jeglicher Art, in Dienstleistungen wie Nähen, Kochen, Putzen und vielem mehr.

Auch die Gesundheitsdaten sind bei der weiblichen Bevölkerung schlechter als bei der männlichen. Erschreckend ist, dass die hiv/Aids-Statistik in letzter Zeit höhere Infektionsraten bei Frauen - vor allem bei ganz jungen - als bei Männern ausweist. Der Grund: Mädchen haben schon mit etwa zwölf Jahren Geschlechtsverkehr, meist mit älteren Männern.

Zwar sind im Parlament von Mosambik fast 30 Prozent der Abgeordneten weiblich, doch im sozialen Leben auf Familien-, Dorf- und Stadtebene haben die Frauen wenig zu melden. "Diese Machtlosigkeit der Frauen muss sich ändern", meint Maria de Fátima. "Zuerst bestimmt der Vater, dann der Mann über ihr Leben. Die Gesetze zu mehr Gleichheit haben wir. Sie sind aber in der Realität noch umzusetzen."

Die Autorin ist freie Journalistin mit dem Schwerpunkt

Entwicklungspolitik.

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