Wie die Liebe den Alltag überlebt

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Die Zahnpastatube, die falsch ausgequetscht wird, der Klodeckel, der schon wieder offen steht - Kleinigkeiten, an denen sich viele Paare im Alltag aufreiben. Eine Paartherapeutin gibt Tipps für die Zeit nach dem Honeymoon.

Das "verflixte siebente Jahr" ist für viele Paare kein Thema mehr. Der Grund dafür ist einfach: Sie erleben es nicht mehr zusammen. Jede zweite Ehe wird durchschnittlich vor dem siebten Ehejahr geschieden. Beim neuen Menschen an der Seite wird nämlich "alles anders" und viel besser, so lautet die Illusion. 92 Prozent aller 30-Jährigen haben, laut einer aktuellen deutschen Studie, mindestens eine gescheiterte Beziehung hinter sich. Was aber in der neuen Beziehung anders machen? "Das Gefühl vom Verliebtsein dauert etwa sechs Monate, die Leidenschaft und das Kennenlernen weitere drei bis vier Jahre. Dann beginnt der Alltagstest, an dem so viele Paare scheitern", sagt die deutsche Paartherapeutin Ursula Nuber und stellt ein Modell für all jene vor, die gemeinsam den Lebensweg gehen wollen.

"Wärst du doch anders!"

Nuber stellt vier Grundpfeiler vor, bestehend aus Wertschätzung, Qualitätszeit, Verständnis und geheimnisvoller Distanz. Der Schlüssel zur gegenseitigen Wertschätzung liegt in einer guten Kommunikation. "Die meiste Gesprächszeit verbringen Paare mit Kritik und Vorwürfen", so Nuber. Männer werfen Frauen vor, dass sie klammern, erziehen wollen oder zu emotional reagieren. Frauen im Gegenzug kritisieren an ihren Männern, dass sie unnahbar sind, sie als Frau nicht ernst nehmen und zu oft Kritik üben. Die Falle lautet: Wäre er oder sie anders, wäre alles viel besser! Eine konkrete Idee von Ursula Nuber ist es, lieber Wünsche auszusprechen, anstatt Vorwürfe zu machen. Denn Wünsche beziehen sich auf die Zukunft, Vorwürfe auf die Vergangenheit.

Qualitätszeit ist ein weiterer Grundpfeiler für gelungene Beziehungen. Einkaufszettel, Essenspläne und Terminabsprachen genügen nicht, um eine Beziehung qualitativ hochwertig zu halten. Studien zeigen, dass Paare, die gemeinsame Interessen haben, länger glücklich sind. Denn die Aufmerksamkeit wird gemeinsam auf etwas Drittes gelenkt. Das können für eine Zeit auch die Kinder sein. Spätestens dann, wenn diese aus dem Haus sind, gilt es (wieder) ein gemeinsames Ziel, Hobby oder Projekt zu finden. "Bei langjährigen Partnerschaften beobachte ich oft, dass die Partner mehr Qualitätszeit mit Freunden verbringen als in der Beziehung selbst. Dabei sollte doch der Partner der wichtigste Mensch im Leben sein", berichtet Nuber aus ihrer Erfahrung. Jeder gemeinsam erlebte, erfüllende Moment spinnt ein Netz an gemeinsamen Eindrücken - das verbindet!

"Ich liebe dich trotzdem."

Verständnis füreinander ist der dritte Pfeiler, auf dem das langfristige "Beziehungshaus" gebaut ist. Am Beginn der Beziehung steht das WIR im Vordergrund, über Fehler und Macken wird liebevoll hinweggesehen. Doch sobald die Liebeshormone von rosa auf Klarsicht abflauen, fängt die Herausforderung des Liebesalltags an. Hier beginnt erst das echte gegenseitige Kennenlernen. Muster aus der Vergangenheit zeigen sich. Elterliche Werte und Normen schleichen sich, oft durch die Hintertür, in die Beziehung herein. Ab diesem Zeitpunkt zeigt sich, ob sich die Partner wirklich lieben. "Ich liebe Dich, trotzdem!" kann zum Schlüsselsatz werden. Denn Verständnis für die Fehler und Schwächen sind ein berührender Liebesbeweis. Wann, wenn nicht in schlechten Zeiten brauchen wir einen Menschen an unserer Seite, der uns liebt, hält und innerlich nährt?

Nuber ist überzeugt: "Paare sollten nicht alles voneinander wissen." Ein zärtlich gehauchtes "Ich geh jetzt in die Stadt, Schatz" - im attraktiven Outfit, ohne zu erklären, mit wem oder wohin, bringt Spannung. Der Partner muss nicht zwingend den gesamten Tagesablauf kennen. "Der neue Kollege ist sehr nett!", mit einer theatralisch eingebauten Pause, lässt Fragen offen, die gesund sein können. "Wie wir alle wissen, ist der Trauschein keine Beziehungsversicherung und je höher das Risiko, desto höher der Wert. "Es ist hier viel Feingefühl nötig! Die Liebe stellt die Basis dar. Ich spreche nicht von destruktiven Geheimnissen, die den Partner oder die Partnerin in innere Bedrängnis bringen. Es geht mehr um ein Kokettieren und eine gesunde Zeit für Individualität", so Nuber. Denn mit den Jahren fällt der Reiz des Fremden weg und zu oft suchen sich Partner dann das Fremde und Geheimnisvolle im Außen in Form von Affären!

Diese Grundpfeiler können den Alltag stabilisieren. Gefüllt mit einer Portion Eigenliebe und dem Wissen, dass sich die Partnerschaft im Laufe der Jahre wandelt, kann das "Beziehungshaus" womöglich goldene Hochzeit feiern. Und - wie drückt es die deutsche Beziehungsexpertin Eva Maria Zuhorst so treffend in ihrem Buchtitel aus? "Liebe Dich selbst, und es ist egal, wen Du heiratest!"

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