"Wir konnten kein Asyl geben!"

Werbung
Werbung
Werbung

Mykola Towt, Leiter der Asylbehörde in Ushgorod, Transkarpatien.

Die Furche: Herr Towt, seit Ende letzten Jahres reicht die EU-Schengen-Grenze bis an die Ukraine heran. Gibt es seither mehr Flüchtlinge, die bei Ihnen um Asyl ansuchen?

Mykola Towt: Der Anstieg war auch schon vorher spürbar. Wir haben 2006 in Transkarpatien 859 Asylanträge bearbeitet, im letzten Jahr waren es 1186 Personen.

Die Furche: Und wieviele davon haben Asyl erhalten?

Towt: Die große Mehrheit der Anträge haben wir ablehnen müssen; und auch zu den 90 Fällen, die wir zur weiteren Bearbeitung in die Zentrale nach Kiew geschickt haben, ist keine positive Antwort zurück gekommen. Es gab 2007 leider keinen, dem wir Asyl geben konnten.

Die Furche: Kein positiver Asylbescheid aus über 1000 Anträgen?!

Towt: Das ukrainische Asylrecht gewährt keinen subsidiären oder humanitären Schutz…

Die Furche: … subsidiärer Schutz wird Flüchtlingen gewährt, die zwar nicht die Voraussetzungen der Genfer Flüchtlingskonvention erfüllen, aber trotzdem Schutz vor Rückschiebung in ihr Herkunftsland benötigen, weil dort Krieg herrscht.

Towt: Deswegen bekommen bei uns selbst Flüchtlinge aus dem Irak oder Somalia nur sehr schwer den Flüchtlingsstatus zuerkannt.

Die Furche: Das macht die Ukraine nicht unbedingt europareif.

Towt: Die Ukraine befindet sich selbst noch in einem Übergangsprozess. Wir haben 1994 aufgrund des Transnistrien-Konflikts an unserer Grenze quasi über Nacht unser erstes Flüchtlingsgesetz bekommen. Wir mussten bei Null anfangen, und der Weg war weit. Und es liegt immer noch viel vor uns. Derzeit gibt es in jeder ukrainischen Region eine Asylbehörde - und das obwohl die Hälfte aller Asylanträge hier bei uns in Transkarpatien gestellt wird. Das ist nicht effektiv, bei uns fehlt das Personal, das woanders zuviel ist, Das wirkt sich natürlich auf die Qualität der Asylbescheide aus.

Die Furche: Leider negativ!

Towt: Wir bekommen Anträge von Asylwerbern aus 22 Ländern! Meine Mitarbeiter müssten wandelnde Enzyklopädien sein, wollten sie sich da überall auskennen. Aber wir tun unser Bestes.

Das Gespräch führte Wolfgang Machreich.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung