„Zerstrittene Eltern nicht zwangsbeglücken“

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Im Streit können eine automatische Obsorge doch nicht die Lösung sein“, sagt SP-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Sie bekräftigt im FURCHE-Interview ihre Skepsis gegenüber dem Vorschlag von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, nach Scheidungen eine automatische gemeinsame Obsorge anzudenken. „Ich begrüße es, dass 90 Prozent der Scheidungen einvernehmlich sind, und dass sich davon die Hälfte auf eine gemeinsame Obsorge einigt. Das sollte weiterhin gefördert und unterstützt werden. Ich frage mich nur, wieso sich die andere Hälfte nicht darauf einigen kann. Das stimmt mich nachdenklich. Daher bin ich skeptisch, ob es dem Kindeswohl entspricht, wenn hier Eltern per Gesetz zwangsbeglückt werden: Sie sollten sich gemeinsam um das Kind kümmern; wenn sie sich freiwillig aber nicht darauf einigen können, dann wird das nur zu noch mehr Konflikten führen“ so die Ministerin.

Natürlich, sagt Heinisch-Hosek, habe ein Kind ein Recht auf beide Elternteile. Daher wäre es laut Frauenministerin umso wichtiger, Besuchszeiten gleich im einvernehmlichen Scheidungsvergleich mitzuregeln anstatt diese erst später zu regeln und damit lange Wartezeiten zu schaffen. „Eltern sollten gesetzlich dazu verpflichtet sein, neben Unterhalt, Obsorge und hauptsächlichem Aufenthaltsort des Kindes auch Besuchzeiten zu vereinbaren“, sagt Heinisch-Hosek, die diesen Vorschlag auch bei der heute Donnerstag stattfindenden Enquete zum Familienrecht im Parlament zur Diskussion stellen wird. Denn, wenn sich die Elternteile dann nicht einigen könnten, müsse erst recht die Richterin oder der Richter die Besuchszeiten festlegen, was dann wieder dauert.

Besuchszeiten gleich regeln

Zudem kann sich die Ministerin bei strittigen Fällen eine verpflichtende Mediation oder Elternberatung für die Eltern vorstellen. Ebenso wichtig wäre eine Verkürzung der Gerichtsverfahren. „Richterinnen und Richter sollten sich bei strittigen Scheidungen nur mehr begrenzt Zeit lassen dürfen“ Wie lange diese Frist ist, müsste im Gespräch mit Experten und Expertinnen festgelegt werden, so Heinisch-Hosek.

Keinen weiteren Handlungsbedarf sieht die Frauenministerin beim Obsorgerecht unverheirateter Elternteile. Es sei im Moment ausreichend, dass die Regierung eine verpflichtende Information beschlossen habe: Im Zuge der Vaterschaftsanerkennung soll nun auch über die Möglichkeit zur gemeinsamen Obsorge informiert werden.

Was Väterorganisationen betrifft, meint Heinisch-Hosek, dass sie mit einigen, die konstruktiv arbeiten, im Gespräch sei. Sie verstehe die Klagen mancher Väter, ihr Kind lange nicht sehen zu können, und die Angst, ihr Kind könne sich entfremden. Doch zugleich gebe es wahrscheinlich noch mehr Väter, die ihre Kinder nicht abholen, wenn es vereinbart ist. Daher gehe es natürlich auch um die Pflichten der Väter, sich wirklich um die Kinder zu kümmern und regelmäßig Unterhalt zu zahlen. „Es geht um Rechte und Pflichten – für beide Elternteile“, so Frauenministerin Heinisch-Hosek. (bog)

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