Zu den Gipfeln

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Andreja Penov hat sich dem "Geist von Alpbach" verschrieben. Gipfel-Erfahrungen eines mazedonischen Studenten.

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Andreja Penov hat sich dem "Geist von Alpbach" verschrieben. Gipfel-Erfahrungen eines mazedonischen Studenten.

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August 2002: Zum ersten Mal hatte ich die Gelegenheit, das schöne Bergdorf Alpbach zu besuchen und den europäischen Geist dieses kleinen Dorfes zu erleben. Alpbach, das ist ein Ort der unterschiedlichsten europäischen Dimensionen. Ganz in diesem Sinne verläuft das alljährliche Europäische Forum.

Durch das Zusammentreffen von Studenten aus vielen europäischen Ländern hat Alpbach für mich ein ganz besonderes Flair: Der Kontakt mit österreichischen, deutschen, französischen und mazedonischen Teilnehmern des Forums eröffnete mir unzählige Möglichkeiten des Gedankenaustauschs. In diesem Sinne ist das Forum für mich die Verkörperung europäischen Lebensgefühls.

In vielen Belangen hat das heutige Europa seine Vergangenheit überwunden. Zum ersten Mal in der Geschichte verfügt die Mehrheit der europäischen Staaten über demokratische Regierungsformen. Europa hat eine neue integrative Dimension bekommen. Und da bin ich immer wieder neu überrascht, wie es gerade Alpbach gelungen ist, zu einem vielbeachteten Treffpunkt von Denkern und Wissbegierigen aus ganz Europa zu werden.

Neue Fragen, neue Antworten

Studenten, Professoren, Politiker und viele andere Interessierte treffen zusammen, um Ideen zu schöpfen, Gedanken zu vertiefen und Erfahrungen zu sammeln. Integration, europäischer Wohlstand und demokratische Werte bilden den Rahmen für diesen Diskurs in den Bergen. Das persönliche Engagement jedes einzelnen Teilnehmers und jeder einzelnen Teilnehmerin erlebe ich als das Um und Auf des Forums. Möglichkeiten dafür gibt es genug: Seminare, Symposien und Diskussionen laden zum aktiven Mittun ein. Politiker diskutieren hier über demokratische Werte, Ökonomen thematisieren Wege zur Erhaltung des Wohlfahrtsstaates, Technologen und Medienwissenschafter präsentieren die Ergebnisse ihrer Forschungen, und Studenten sind hier - im Sommer und fern ihrer Universitäten - bestrebt, ihren Wissensdurst zu stillen. Am besten gelingt das für mich vor allem in den zwölf Workshops. Die Inhalte der Seminare stammen aus den Bereichen Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Recht, Musik, Film sowie Kunst und haben dabei immer eine stark europäische oder internationale Ausrichtung. Vorgetragen wird von bekannten Professoren, die für diese Wochen internationale Spitzenunis in aller Welt verlassen und in die Berge kommen.

Alpbach ist für mich ein Ort der Visionen. Ein Ort, der neue Perspektiven eröffnet und Ausgangspunkt neuer Freundschaften ist. Wo Arbeit und Entspannung gleichermaßen möglich sind. In den zwei Wochen des Forums gehen die Diskussionen über aktuelle politische Entwicklungen Hand in Hand mit der Freude an der wunderbaren Bergwelt - der Alpbacher Hausberg "Galtenberg" hat es mir dabei besonders angetan. Nicht zu vergessen die Gipfelerlebnisse, die mir jedes Jahr aufs Neue die Alpbacher Küche bietet. Kein Alpbach-Aufenthalt ohne Tiroler Schmankerl! Und auch für den Genuss der heimischen Kultur habe ich trotz des vollen Tagungsprogramms Zeit gefunden, oder soll ich besser sagen: mir die Zeit genommen.

Der Tag ist immer zu kurz

Zeit haben - ein ständiges Thema für mich in Alpbach: Obwohl diese Wochen ja auch ein wenig den Charakter von Urlaub, Freizeit und Erholung haben, ist aufgrund der unglaublichen Auswahl an interessanten Veranstaltungen jeder Tag für mich einfach immer zu kurz. Auch oder gerade dann, wenn die Diskussionen in Form der bei uns Studenten so beliebten Kamingespräche mit Politikern und Experten aus den verschiedensten Bereichen bis spät in die Nacht dauern. Das Rahmenprogramm reicht von Konzerten über Ausstellungen bis hin zu Parties, organisiert von studentischen Interessensgemeinschaften, die sich unter anderem für die Organisation der Stipendien zusammengeschlossen haben.

Mir imponiert es, dass die Freunde des Forums diesen freien Geist fördern, indem sie ihn selbst leben und nach außen tragen. Alpbach bietet für mich die wunderbare Gelegenheit, Lernen, Spaß und Entspannung zu verbinden. Ich habe jeden Sommer genossen, den ich hier im Rahmen des Europäischen Forums verbracht habe. Bei der Schönheit des Ortes ist es für mich kein Zufall, dass Alpbach den Titel "Schönstes Dorf Österreichs" trägt.

Alpbach: damit verbinde ich das Streben nach Erreichung der höchsten Gipfel - sowohl was das Wandern und Bergsteigen als auch das Lernen und Diskutieren betrifft. Für mich ist das Bergdorf ein Ort, der sich wie kein anderer der Idee von Demokratie und Frieden verschrieben hat.

Während der gesamten Dauer des Forums habe ich die vielen Tagungsveranstaltungen ebenso genossen wie die zusätzlichen sozialen Aktivitäten und kulturellen Ereignisse. Das Niveau, auf dem sich der Wissensaustausch und -erwerb abspielt, ist sehr hoch; bestens gelungen ist die Auswahl der Themen und der referierenden Dozenten und Experten. Mir fiel es dementsprechend schwer, aus der Vielzahl der Angebote auszuwählen. Meinem Ziel, über die letzten Entwicklungen in Europa informiert zu werden sowie über gegenwärtige Abläufe und Zukunftsprognosen zu diskutieren, wurde in vielen Veranstaltungen Rechnung getragen. Die Seminare empfand ich immer als gut strukturiert und methodisch gut aufbereitet. Beeindruckt war ich auch von der Lockerheit vieler Politiker in Alpbach.

All das zusammengenommen, ist es also nicht verwunderlich, dass ich in diesem Sommer gerne das dritte Mal nach Alpbach komme.

Übersetzung aus dem Englischen: Gertraud Eibl

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