Queen  - © Foto: APA /AFP /Saul Loeb, Ronny Hartmann

Zum Tod der Queen: Der Wille zur Versöhnung

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Elizabeth II. hat Tugenden und Werte verkörpert, die vielen anachronistisch anmuten - und dennoch auch künftig ein Kompass für Integrität und Rechtsschaffenheit sein dürften.

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Elizabeth II. hat Tugenden und Werte verkörpert, die vielen anachronistisch anmuten - und dennoch auch künftig ein Kompass für Integrität und Rechtsschaffenheit sein dürften.

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Der Tod von Elizabeth Alexandra Mary Windsor, Königin des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, bewegt Millionen Menschen auf der ganzen Welt. Auch Personen, die die (konstitutionelle) Monarchie entschieden ablehnen oder der königlichen Familie an sich kritisch gegenüberstehen. Denn das Ableben der Queen ist mehr als der Tod einer 96-jährigen Frau. Er ist das Ende eine Epoche und der Wegfall eines weiteren Stückes Stabilität in unruhigen Zeiten. Elizabeth II. „gab es für die meisten Menschen schon immer“: So fasste es die frischgekürte Premierministerin Liz Truss treffend zusammen. Während sie die Verstorbene als „Fels“ bezeichnete, wählte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Metapher des Ankers: Das Dasein der Queen versprach vielen Halt, auch oder gerade angesichts der aktuellen Untiefen und negativen Strömungen.

Und tatsächlich verkörperte die verstorbene Königin Werte und Tugenden, die viele bei anderen Staatsoberhäuptern vergeblich suchen – oder die anachronistisch anmuten: ein enormes Pflichtgefühl, moralische Integrität, der unbändige Wille zur Versöhnung, die Fähigkeit, sich anzupassen und die Demut, sich zurückzunehmen. Sie hatte zeitlebens der Versuchung widerstanden, die eigene Person in den Vordergrund zu rücken.

In sieben Jahrzehnten Regentschaft blieb sie diesem Stil treu, wurde im Alter sogar noch wahrhaftiger. Ihre Rolle als Staatsoberhaupt hatte für sie stets Vorrang. Bis zum Schluss. Selbstredend, dass diese Haltung seinen Tribut zollte. Vor allem ihr Erstgeborener Charles, der neue König, soll darunter schwer gelitten haben.

Die zeitgeschichtliche Bedeutung ihres Lebens ist indes unbestritten: Elizabeth II. Wirken ist mit den Schlüsselmomenten des 20. und 21. Jahrhunderts eng verwoben. UN-Generalsekretär António Guterres brachte in seinen Beileidsbekundungen das Gefühl vieler auf den Punkt: In Jahrzehnten des Wandels habe die Queen eine "beruhigende Präsenz" geboten.

Wer kann diese Aufgabe nun übernehmen? Das müssen nicht zwangsläufig die königlichen Erben sein. Vielleicht leitet das Ende ihrer Ära auch eine Neuaufstellung „der Firma ein“, wie sich das britische Königshaus selbst beschreibt. Zudem werden nach der anfänglichen Trauerphase auch die Stimmen jener noch lauter werden, die die Monarchie gänzlich loswerden wollen. Der bevorstehende Winter und die vielen Entbehrungen, die angesichts der Energiekrise damit einhergehen, könnte die Ansicht befeuern, dass eine u.a. durch Steuern finanzierte königliche Familie unhaltbar wird.

Es ist kein Widerspruch, sich auch in dieser Hinsicht an den gelebten Werten und Tugenden der ehemaligen Monarchin zu orientieren und diese weiterzudenken – auch im Jahr 2022 und über den Tod der Queen hinaus.

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