Zwiespältige Bilanz

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Mehr Unfälle und weniger Tote: Die Verkehrsunfallstatistik 2000 fällt gespalten aus.

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Mehr Unfälle und weniger Tote: Die Verkehrsunfallstatistik 2000 fällt gespalten aus.

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Verkehrsministerin Monika Forstinger zeigte sich "erfreut, dass wir unter der Tausendergrenze sind". Tatsächlich geben die jüngst von "Statistik Austria" präsentierten Unfallzahlen Anlass zur Hoffnung: 976 Menschen, also um 103 weniger als 1999, verloren im Jahr 2000 ihr Leben auf Österreichs Straßen - immerhin die zweitniedrigste Zahl seit 1961. Auch die Zahl der Verletzten ging leicht zurück und betrug im Vorjahr 54.929. Sinkt also der Blutzoll im heimischen Straßenverkehr, so ist Österreich international noch immer Stiefkind in Sachen Verkehrssicherheit: Bezogen auf die Bevölkerung sterben hier doppelt so viele Menschen durch Verkehrsunfälle als in Schweden oder Großbritannien. "Das liegt aber nicht daran, dass die Österreicher Raser sind. Im Unterschied zu diesen beiden Vorzeige-Staaten ist Österreich eben ein Transitland", nennt Hans Peter Halouska, Generalsekretär des ÖAMTC, einen Hauptgrund für das schlechte Abschneiden der Alpenrepublik.

Für die zuständige Ministerin Grund genug, ein Verkehrssicherheitsprogramm zu starten: Gemeinsam mit den Autofahrerklubs und Verkehrsexperten sollen bis Ende des Jahres Schwerpunkte auf den Mehrphasenführerschein (siehe Seite 23), das Gurtproblem und die Kindersicherung im Auto gelegt werden.

Lust auf Tempo Wurde gesamtösterreichisch ein Rückgang bei den Verkehrstoten um fast zehn Prozent verzeichnet, so fällt die Bilanz in den Bundesländern unterschiedlich aus: Mit 299 Todesopfern, um 21 mehr als 1999, liegt Niederösterreich unangefochten an der Spitze. Dagegen kann man sich in Salzburg fast um eine Halbierung der Verkehrstoten von 100 auf 59 freuen.

Ursache für die tödlichen Verkehrsunfälle sei in 40 Prozent "nicht angepasste Fahrgeschwindigkeit", stellt das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) fest. Gerade hier würden jedoch kleine Verhaltensänderungen große Wirkung zeigen, weiß KfV-Direktor Othmar Thann: "Schon eine Senkung der durchschnittlich gefahrenen Geschwindigkeit um lediglich einen Stundenkilometer könnte einen Rückgang der Unfälle um zwei bis drei Prozent bewirken." Sorgen bereitet dem Kuratorium neben dem chronischen Geschwindigkeitsrausch der österreichischen Lenker vor allem ihre anhaltende Sympathie für Alkohol. Ein überwiegend männliches Phänomen, waren doch im Jahr 2000 ganze 92 Prozent der Alkolenker Männer. Auch beim Griff zum Gurt schätzt sich das starke Geschlecht oftmals stärker ein, als es ist: "1999 haben sich drei Viertel der Frauen, doch nur 69 Prozent der Männer als Lenker angeschnallt", weiß Marion Seidenberger, Verkehrspsychologin des ÖAMTC. Ein fataler Fehler, ist doch der Gurt Lebensretter Nummer 1: Während von den angeschnallten verunglückten Lenkern nur ein Prozent getötet wurde, kamen neun Prozent der nicht angeschnallten Fahrer ums Leben. Die mit 25 Prozent wesentlich geringere Beteiligung von Frauen an schweren Verkehrsunfällen hat nach Seidenberger mehrere Gründe: "Frauen haben weniger Probleme damit, hinter anderen Fahrzeugen nachzufahren und sind dadurch weniger unfallgefährdet." Zudem würden Frauen weniger zur Selbstüberschätzung neigen und ihre technische Fahrzeugbeherrschung "viel realistischer als Männer einschätzen". Kein Kunststück, stufen sich doch 90 Prozent der männlichen Lenker als "hervorragende Fahrer" ein.

Auch in zwei weiteren Belangen ortet die Verkehrspsychologin geschlechtsspezifische Unterschiede: Während sich drei Viertel der Frauen gerne chauffieren lassen, fühlt sich nur die Hälfe der Männer in der Beifahrerrolle wohl. In der Lust am Lenken sind sie freilich vereint: Zwei Dritteln der Frauen wie der Männer macht das Autofahren Spaß.

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