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die furche: Sie fordern die Reduzierung der Abgeordnetenzahl. Warum?

Cordula Frieser: Es ist meine tiefste Überzeugung, dass wir mit 100 Abgeordneten das Auslangen finden. Bedenken Sie, dass Kreisky die Abgeordnetenzahl in den siebziger Jahren völlig willkürlich von 165 auf 183 erhöht hat. Glauben Sie, dass deshalb die Legislative oder die Kommunikation mit den Bürgern besser geworden ist? Ganz sicher nicht. In dieser Meinung bestärkte mich das Ergebnis einer von mir in Auftrag gegebenen Umfrage: Nur 18 Prozent der Befragten konnten einen Mandatar ihres Bundeslandes nennen und lediglich drei Prozent wussten überhaupt, dass es 183 Abgeordnete gibt. Das sagt doch alles und zeigt, dass das von den Parteien vorgebrachte Argument, nur ausreichend viele Abgeordnete würden ausreichend viel mit den Bürgern kommunizieren, eine völlige Schimäre ist. Das zweite Argument, Abgeordnete hätten soviel zu tun, trifft nach dem EU-Beitritt schon gar nicht mehr zu, weil bereits sehr viel Arbeit an Brüssel abgegeben wurde.

die furche: Das österreichische Parlament hat innerhalb der EU die stärkste Stellung. Es könnte den Ministern bindende Aufträge erteilen, die diese nur in schwerwiegenden Fällen ablehnen dürften. Das wäre doch eine wichtige Aufgabe für Abgeordnete.

Frieser: Das hängt aber nicht von der Anzahl der Abgeordneten, sondern von ihrer Qualität ab. Der nächste Punkt, an dem ich mich stoße. Die Qualität der Abgeordneten ist nicht ihrer Aufgabe entsprechend. Für jede Minimalaufgabe müssen Sie irgendeine Qualifikation haben, als Abgeordneter müssen sie - überspitzt gesagt - nicht einmal lesen und schreiben können. Was mich am meisten stört, ist der Mangel an jenen, die in großen Zusammenhängen denken können und nicht nur ständig ihre eigene Lobby im Blick haben. Bei der Reduktion der Abgeordneten geht es mir nicht nur darum, Geld zu sparen. Ich will damit mehr Qualität erreichen. Die frei gewordenen Mittel sollen der Infrastruktur des Parlaments zugute kommen. Das ist ja ein Treppenwitz, dass das Parlament, die Legislative, keinen eigenen Verfassungsdienst hat. Die Höchstgerichte beklagen sich zu Recht, dass die Qualität der Gesetze immer schleißiger wird. Einen Verfassungsdienst brauchte es dringend, aber nicht 183 Abgeordnete. WM

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