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Solange europäische Kühe mehr wert sind als hungernde Afrikaner, glaubt die Kenianerin wahu kaara nicht an eine ehrliche Partnerschaft mit Afrika.

Die Furche: Frau Kaara, wenn es nach Ihnen gehen würde, wie soll eine Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Afrika ausschauen?

Wahu Kaara: Es wäre schon viel erreicht, wenn es diese Partnerschaft in der Realität gäbe. Schon oft hat es sehr schöne Pläne gegeben, aber dann ist es allein bei den Ideen geblieben. Partnerschaft zwischen Europa und Afrika bedeutet die gegenseitige Anerkennung, dass wir einander brauchen. Daneben muss garantiert sein, dass beide Seiten einen gleichberechtigten Zugang zu den Ressourcen haben.

Die Furche: Das wird schon ein erster Knackpunkt werden - Europa braucht Rohstoffe, Afrika hat sie ...

Kaara: Ja, wir haben Ressourcen, wir haben Menschen, wir haben Raum - das ist unser Vorteil. Und was gerne vergessen wird: Afrika schläft nicht; wir sind kein hoffnungsloser und verzweifelter Kontinent ...

Die Furche: ... so wie es die Nachrichten aus Afrika suggerieren ...

Kaara: Da ist Europa gefordert umzudenken, die eu muss aufwachen und diese historische Chance wahrnehmen: Wir müssen eine Wende einleiten, in der wir die Welt neu definieren, um in Zukunft das Leben und nicht den Profit zu schützen. Wer an einer richtigen Partnerschaft mit Afrika interessiert ist, muss gleichzeitig die globale Ordnung neu definieren und die internationale Finanz-und Wirtschaftsordnung vom Kopf auf die Füße stellen - erst dann ist ein gerechtes Miteinander möglich. Wir brauchen eine Wirtschaft, die Leben rettet und nicht zerstört.

Die Furche: Die eu-Strategie für Afrika zielt auf ganz Afrika - gibt es eine solche Vorstellung, eine Gemeinschaft zu sein, auch schon in Afrika selbst?

Kaara: Das Gefühl ist eine Sache, die Realität eine andere. Aber wir brauchen die Vereinigten Staaten von Afrika; wir müssen Afrika als einen Kontinent mit gemeinsamen Interessen sehen, um bestehen zu können. Und wenn unsere Führer uns nicht zu diesem Punkt bringen können, dann müssen die einfachen Leute die Sache eben selbst in die Hand nehmen.

Die Furche: Letztes Jahr hat es sehr viele Aktionen für und mit Afrika gegeben: einen g8-Gipfel, weltweite Konzerte etc. - hat das etwas genutzt?

Kaara: Die Welt steht an einer Kreuzung; aber beim g8-Gipfel in Gleneagles wurde die entscheidende Entschuldungsfrage gar nicht angesprochen. Wir können es uns nicht mehr leisten, nicht ehrlich zu sein: Noch nie gab es soviel Reichtum in der Welt; woran es mangelt, ist der politische Wille, diesen Reichtum gerecht zu verteilen. Anderswo geht es: Die Entschuldung des Irak ist sehr schnell möglich gewesen, weil es im Interesse der usa lag. Entscheidend ist also der politische Wille. Aber solange die Subventionierung europäischer Kühe wichtiger ist als der Hungertod Tausender Afrikaner, glaube ich der eu nicht, dass ihr das Leben wichtiger ist als der Profit.

Das Gespräch führte Wolfgang Machreich.

Es erinnert an Schilda: Die Europäische Union macht mit den Subventionen für ihren Export nach Afrika die Erfolge ihrer Entwicklungshilfe oft wieder zunichte - ein "Kohärenzproblem".

Von Monika Schachner

Es ist eine Partnerschaft zwischen Reiter und Pferd" - nach wie vor gibt es ein oben und unten zwischen eu und Afrika, sagte Gottfried Wellmer bei der letztwöchigen Konferenz "Mind the Gap - Kohärenz für Entwicklung" in Wien. Wellmer, Vertreter der Koordinationsstelle Südafrika, belegt diese Kritik an den Handelsabkommen zwischen der eu und Afrika mit Zahlen: Seit Abschluss des Freihandelsabkommens zwischen Namibia und der eu zum Beispiel, stieg die Exportquote des afrikanischen Staates um 30 Prozent, während die Industriequote gesunken ist. Das heißt, die meisten Exportgüter Namibias sind nach wie vor Rohstoffe und nicht Fertigprodukte, mit denen sich eine größere Wertschöpfung erzielen ließe und mehr Arbeitsplätze geschaffen würden.

Übertriebene Standards?

Auch der Export von Lebensmitteln wird für afrikanische Staaten immer schwieriger, bedauert ngo-Vertreter Wellmer. Warum? Die eu fordert übertriebene Standards bei der Lebensmittelkontrolle, kritisiert Wellmer, doch vielen Staaten fehlen Labors und entsprechende Techniken, um diese einzuhalten. Von seiten der eu rechtfertigt man sich aber damit, dass die Lebensmittelstandards in den einzelnen Mitgliedsländern sehr oft über denen in der eu liegen - was ja nicht zuletzt in Österreich immer wieder zu Befürchtungen führt. Wellmers Resümee jedenfalls lautete: Freihandel schafft nicht zwingend Arbeitsplätze und Wohlstand.

Als Kontrapunkt zur Konferenz eingeladen, stimmte in diesem Punkt aber sogar der Vertreter der eu-Generaldirektion für Handel, Martin Dihm, mit Wellmer überein: "Freihandel ist nicht die Lösung aller Probleme - das wäre naiv." Ohne Handel gibt es jedoch auch keine Entwicklung, konterte Dihm. Als einen Ausweg aus der Exportkrise Afrikas schlägt er den Zusammenschluss von afrikanischen Volkswirtschaften auf gleichem wirtschaftlichen Niveau vor. Mit den Erfahrungen, die diese Staaten dann im grenzüberschreitenden Handel gewinnen, so der EU-Vertreter, könnten sie ihre Märkte Schritt für Schritt nach außen und in Richtung eu öffnen.

Tandem statt Reiter-Pferd

Die Europäische Union verhandle oft mit afrikanischen Regierungsvertretern, die mehr an ihre eigene Geldtasche als an die Menschen in ihrem Land denken, lautete bei der Konferenz eine andere Kritik der ngos in Richtung Dihm. "Unser Demokratieverständnis zwingt uns, mit Regierungsvertretern zu verhandeln", entgegnete dieser. Natürlich ist man sich in der eu sehr wohl bewusst, dass es Korruption gibt, fügte Dihm hinzu, und um dieses Übel an der Wurzel zu bekämpfen, unterstütze die eu auch in vielen afrikanischen Staaten die Anti-Korruption-Ausbildung der Beamten. eu-Parlamentarierin Karin Scheele wiederum zeigte sich bei der Konferenz überzeugt, dass nicht vorwiegend Korruption im Sinne von Bestechung einer gesunden Wirtschaftsentwicklung Afrikas entgegenstehe, sondern vor allem nationalstaatliche Interessen.

In der österreichischen eu-Präsidentschaft wird sich das Kohärenzproblem in Europas Verhältnis zu Afrika nicht lösen lassen - darin waren sich alle Konferenzteilnehmer einig. Die Weiterführung des (In-)Kohärenzdialogs wurde deswegen nicht nur symbolisch an die kommende finnische eu-Präsidentschaft weitergegeben - damit aus der Reiter-Pferd-Partnerschaft irgendwann doch noch ein Tandem werde.

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