Aids - das Gesicht unseres Versagens

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Am 22. Juli beginnt die Internationale Aids-Konferenz der Vereinten Nationen in Washington. Die UN-Kommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, mit einem Exklusiv-Kommentar für die Furche.

Vor drei Jahrzehnten konnte die kollektive Reaktion auf HIV in einem Wort zusammengefasst werden: beschämend. Im schlimmsten Fall waren Menschen mit HIV ans Bett gefesselt, eingesperrt, hatten keinen Zugang zu medizinischen Einrichtungen, wurden kriminalisiert und abgeschoben. Im besten Fall haben sie ihre Jobs verloren, wurden von Schulen verwiesen und grundlegende Dienstleistungen wurden ihnen verwehrt. Unsere Antwort auf das Virus war Demütigung, Stigmatisierung und Bestrafung für die Infizierten. Das war schmerzhaft und manchmal so tödlich wie das Virus selbst.

Glücklicherweise gab es in den letzten Jahren im Kampf gegen HIV große medizinische Fortschritte und die Zahl der HIV-Neuinfektionen geht besonders bei Kindern langsam zurück. Weniger Menschen sterben an Aids-bezogenen Krankheiten und beinahe die Hälfte der Infizierten erhalten antiretrovirale Therapien. HIV ist nicht mehr länger ein sicheres Todesurteil wie früher.

Und trotzdem sind Stigmatisierung und Diskriminierung gegenüber HIV-positiven Menschen in allen Regionen der Welt noch immer hoch. Sogar heute konzentrieren wir uns noch auf Bestrafungen wie die Kriminalisierung von HIV-Übertragung und Geheimhaltung. Einreiseverbote und Abschiebungen von HIV-positiven Ausländern an den Grenzen kommen nur allzu oft vor, besonders in den reicheren Ländern. Die schwächsten Gemeinschaften, die am wenigsten ihre fundamentalen Menschenrechte genießen können, sind unverhältnismäßig oft HIV-Infektionen ausgesetzt - und das ist kein Zufall.

Fehlender Schutz für Randgruppen

HIV trug immer das Gesicht unseres Versagens beim Schutz der Menschenrechte für Randgruppen. Dazu gehören Gefangene, Sexarbeiterinnen, Drogenkonsumenten, Menschen mit Behinderungen, Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchende. Homophobie, geschlechtsspezifische Diskriminierung, Erstellung von Profilen aufgrund ethnischer Zugehörigkeit und Gewalt gegen Frauen haben die Bemühungen gegen HIV weiter erschwert.

Das Blatt gemeinsam wenden

Das Thema der diesjährigen Internationalen Aids-Konferenz lautet "Gemeinsam das Blatt wenden“. Es ist an der Zeit, den Trend umzukehren. Den Menschenrechtsverletzungen muss Einhalt geboten werden.

Gesetze, Politik und Programme dürfen die Anfälligkeit für HIV nicht erhöhen. Gesetze in vielen Ländern, die die unabsichtliche Übertragung von HIV und die Geheimhaltung kriminalisieren und verpflichtende HIV-Tests für spezifische Gruppen veranlassen, sowie restriktive Reisen für Einzelne aufgrund ihres HIV-Status sind Beispiele für solch alarmierende und falsche Politikgestaltung.

In eine gute, lebenserhaltende, antiretrovirale Behandlung müssen noch mehr Ressourcen fließen, aber genauso in Menschenrechtsprogramme, in die Ausbildung von Gesundheitsdienstleistern und Strafverfolgungsbeamten, in den Kampf gegen Stigmatisierung und in die Aufklärung über Safer Sex. Die Finanzierung für den ganzheitlichen Kampf gegen Aids ist nicht nur notwendig, sondern auch eine menschenrechtliche Verpflichtung. Die Wirtschaftskrise kann keine Entschuldigung sein, diese Investitionen zu verringern.

Es ist keine Zeit für Gleichgültigkeit. UNAIDS hat ein Ziel: keine Neuinfektionen, keine Aids-bezogenen Todesfälle und keine Diskriminierungen. Die Konferenz von Washington muss uns klar machen, dass die Menschenrechte unsere Reaktionen motivieren müssen, um erfolgreich zu sein.

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