Aids im Vormarsch
Während billigere Medikamente die Aids-Epidemie in Afrika eindämmen sollen, steigt hierzulande die Zahl der HIV-Infektionen.
Während billigere Medikamente die Aids-Epidemie in Afrika eindämmen sollen, steigt hierzulande die Zahl der HIV-Infektionen.
Ein Prozess bewegt Südafrika: 41 internationale Pharmakonzerne klagten die Regierung in Johannesburg, weil sich diese 1997 in einem Gesetz Zugang zu preiswerten Kopien (Generika) von Aids-Medikamenten verschafft hatte: Mit deren Hilfe sollte der Epidemie endlich Einhalt geboten werden. Immerhin 4,2 Millionen Menschen sind in Südafrika mit dem HIV-Virus infiziert. 25 Millionen der weltweit 36 Millionen Aids-Patienten leben in den Staaten südlich der Sahara.
Die klagenden Pharma-Konzerne freilich sahen in der Vorgangsweise der Regierung einen klaren Verstoß gegen das Patentgesetz. Am 5. März zogen die Streitparteien in Pretoria vor Gericht. Wenige Tage nach Prozessbeginn kam es jedoch zur wundersamen Wendung: Der US-Pharmariese Merck kündigt an, die Preise für zwei seiner Aids-Medikamente in Entwicklungsländern "zum Selbstkostenpreis" anzubieten. Auch das Pharma-Unternehmen Bristol-Myers Squibb erklärte, auf seine Rechte in Hinkunft zu verzichten und ein kombiniertes Aids-Medikament um einen statt 18 Dollar am Tag anzubieten. Der Schwenk wird weltweit als "bahnbrechend" begrüßt. Dennoch - Euphorie ist verfrüht: Andere Hersteller patentrechtlich geschützter Medikamente wie die britische Firma GlaxoSmithKline bleiben hart und halten an der Klage fest. Ab 18. April geht das Verfahren in die nächste Runde.
Während man sich in Pretoria vom Prozessausgang eine (positive) Signalwirkung erwartet, sieht die Jahresbilanz 2000 für Österreich düster aus: So verzeichnete das Institut für Virologie der Universität Wien einen deutlichen Anstieg der HIV-Neuinfektionen: Infizierten sich 1999 noch 339 Menschen, so stieg diese Zahl im vergangenen Jahr auf 428. Der Grund dafür wird im "Image" der HIV-Infektion vermutet. Durch die moderne Kombinationstherapie dreier Medikamente werde Aids nicht mehr so "tödlich" eingeschätzt wie ehedem. Ein Irrtum, denn noch lässt der heilende Aids-Impfstoff auf sich warten: "Rund 20 Firmen forschen global daran. Doch Prognosen sind verfrüht," weiß Erhard Geisler, Geschäftsführer der Pharmig. Bisher sind in Österreich 2.062 Personen an Aids erkrankt, 1.256 davon sind ihrer Krankheit erlegen.
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