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Ankara lenkt ein
Kein Wunder also, daß die Türkei, die sich lange genug in der Hoffnung gewiegt hatte, Zypern und Griechenland mit Unterstützung der gesamten Nachbarschaft und der Duldung der Großmächte die ihr genehme Lösung aufzwingen zu können, jetzt wieder Interesse an dem schon aufgegebenen Dialog mit Athen zeigt, wie es in dem Abschlußkommunique des Besuchs von Präsident Sunay bei de Gaulle zum Ausdruck kam.
Die Hinwendung zu direkten Gesprächen mit Griechenland ist um so plausibler, als der Türke, zum Un-
In diesem Augenblick erwachte die griechische Diplomatie, dank glücklicher Eingebung, aus ihrem verlängerten Winterschlaf. Mehr denn je um treue Bundesgenossenschaft mit den USA bemüht, hatte sie es während der für Israel bedrohlichen Zeit stillschweigend mit diesem gehalten, um sich nun mit vollen Segeln auf die Seite der von allen, selbst Moskau, in Stich gelassenen Araber zu werfen.
In Ankara war man über diese plötzliche Wendigkeit, die man dem MÄtärregime rote und nimmer zugetraut hatte, mehr als verblüfft. Und doch bewies sie nur wieder einmal, daß der außenpolitische Aktionsradius eines autoritären Regimes weiter ist als bei einer von Oppositionen und Rücksichten belasteten Demokratie. Ein vom Militär beherrschtes Griechenland, das seine Kommunisten wohlversorgt in Lagern und auf Inseln weiß, kann sich Moskaus Vorlanden im Nahen Osten unbeschwerter nähern denn einst, als noch die Volksopposition im eigenen Land rumorte.
Griechenland hat darum die besten Chancen, im Raum östlich von Suez einschließlich Ägyptens jene Rolle' zu übernehmen, die Franco-Spanien seit Jahrzehnten bei den maghrebinischen Arabern spielt, ohne sein nie besonders herzliches Verhältnis zu Israel dadurch zu belasten.
terschied vom demokratisch vorbelasteten Mitteleuropäer, dem griechischen Militärregiment mehr traut als Zyperns Parlamentariern mit oder ohne Linksdrall, die seit dem 21. April von der Enosis nichts mehr wissen wollen und nach einem eigenen Weg suchen.
Die Unabhängigkeit Zyperns bei Andauern des ghettoartigen Zu-stands in den türkischen Dörfern und Stadtvierteln ist für Ankara darum nachteiliger als selbst ein Anschluß an Griechenlanid, gegen den sich die Türke! vorwiegend aus
Prestigegründen sträubt. Die türkischen Minoritäten in Thrakien und auf Rhodos sind weit besser aufgehoben als ihre Volks- und Glaubensgenossen auf Zypern, und ihre Rechte können sich sehen lassen.
Beide warten...
Bei der zu erwartenden neuen Phase des griechisch-türkischen Dialogs wird man kaum mehr auf die Caglayangffl-Toumbas-Forimel der „doppelten Enosis“ zurückgreifen können, die wohl formell Zyperns Zweiteilung vermied, in der Praxis jedoch durch die Schaffung eines permanenten türkischen Stützpunkts im Nordosten der Insel auf eine solche hinauslaufen sollte. Dagegen ist der Widerstand der Zyperngriechen viel zu energisch geworden, und dieser macht Athen im Augenblick mehr Kopfzerbrechen als die türkischen Forderungen.
Anderseits wird sich die Türkei ohne territorialen Trostpreis kaum zum Verzicht auf Zypern bewegen lassen, und sei das Autonomdestatut für die türkische Minorität noch so vollkommen. Ankara geht es ja weniger um seine versprengten Landsleute — solche hat es auch in Jugoslawien, der Sowjetunion und den arabischen Nachbarstaaten zur Genüge, ohne damit großes Aufheben zu machen — als um effektvolle außenpolitische Erfolge, die van so mancher inneren Schwierigkeit ablenken sollen.
Obendrein hat sich die Position Griechenlands der Türkei gegenüber dadurch gefestigt, daß die israelischen Siege den draufgängerischen Antikommuniemus seiner neuen Machthaber zu rechtfertigen scheinen, während sie das türkische Schaukelspiel der letzten zwei Jahre in ungünstiges Licht rücken. Ankara wird darum versuchen, den Dialog trotz seiner prinzipiellen Bereitschaft hinauszuziehen, was auch Griechenland, das auf das Abflauen der antiautoritären Welle auf Zypern wartet, nicht ungelegen kommen dürfta
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