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Myrna Shinbaum ist Sprecherin der in New York ansässigen "Anti-Defamation League", die sich dem Kampf gegen Antisemitismus verschrieben hat.

Die Furche: Hatte der 11. September 2001 einen Einfluss auf den Antisemitismus?

Myrna Shinbaum: Seit dem 11. September stellen wir einen weltweit steigenden Antisemitismus fest: Juden wurden persönlich angegriffen, Institutionen, Synagogen attackiert ... Zusätzlich ist eine Haltungsänderung festzustellen: Die Anti-Defamation League führt in den USA viele Umfragen durch: In den letzten 20, 30 Jahren nahm die Zahl der Personen, die für Antisemitismus anfällig waren, kontinuierlich ab. Im letzten Jahr hingegen gab es einen Anstieg: Statt 12 fanden wir nun 17 Prozent der Amerikaner mit stark antisemitischen Gefühlen. Sie leben diese zwar nicht unbedingt aus, aber sie können jederzeit losgetreten werden. Dazu kamen die Gerüchte, die in Windeseile via Internet weltweit verbreitet wurden, nach denen die Juden für die Anschläge des 11. September verantwortlich seien: Solche Gerüchte kamen etwa aus Moscheen in Gaza oder Kairo - das ist der Antisemitismus von heute.

Die Furche: Es gibt Leute, die glauben, dass Juden hinter dem 11. September stecken?

Shinbaum: Mehr als die Hälfte der Welt glaubt das. Es stand auch in vielen Zeitungen ...

Die Furche: ... auch in den USA?

Shinbaum: Die USA sind gegen diese Gerüchte weitgehend immun: Aber sonst kursieren sie überall. Das ist erschreckend.

Die Furche: Ist die Kritik an Israel antisemitisch?

Shinbaum: Israel ist ein souveräner Staat und kann legitimerweise kritisiert werden. Aber Kritik kann Grenzen überschreiten: Wenn etwa die Person oder die Institution, die kritisiert, über Israel nie etwas Positives zu sagen weiß, dann handelt es sich eindeutig um Antisemitismus; ebenso wenn die Israelkritik zur Kritik an den Juden wird, wenn Israel und die Juden mit den Nazis in Verbindung gebracht werden, wenn die Beschuldigung, die Juden hätten Christus getötet, wieder laut wird (wir glaubten, solches wäre längst obsolet!) - das alles kommt nicht nur in der arabischen Welt, sondern auch in Europa wieder an die Oberfläche.

Die Furche: Ist der neue Antisemitismus ein religiöses Problem?

Shinbaum: Ja, denn ein Gutteil dieses Antisemitismus kommt aus den Moscheen. Anti-israelisches wird mit religiösen Argumenten bemäntelt. Denken Sie an die Selbstmordattentäter, die in ihren Bekennervideos nicht in eine Flagge Palästinas sondern des Korans eingewickelt sind. Wir sind überzeugt, dass der Fanatismus unter Muslimen zum Antisemitismus führt - wenn ein Mullah sagt: "Tötet die Juden!", was man überall auf der Welt ständig hört ...

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