Folkestone - © Foto: APA/AFP/Ben Stansall

Asylunterkunft Folkestone: Tragödie mit Ansage

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Erbärmliche Zustände, Suizidversuche, ein massiver Covid-19-Ausbruch: Die Unterbringung von Asylbewerbern in einer Kaserne bei Folkestone (GB) sorgt seit Monaten für Kritik.

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Erbärmliche Zustände, Suizidversuche, ein massiver Covid-19-Ausbruch: Die Unterbringung von Asylbewerbern in einer Kaserne bei Folkestone (GB) sorgt seit Monaten für Kritik.

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Fünf Gestalten sitzen auf dem Gehsteigrand. Zusammengekauert und in Decken gehüllt hocken sie auf Matratzen, geduckt unter den schmalen Vorsprung, der den Betonboden zumindest ein bisschen trocken hält. Die Straße vor den niedrigen Gebäuden ist regennass, der Himmel winterlich konturlos. Der Bordstein ist ihr Lager geworden in diesen Jännertagen, denn drinnen in den Baracken geht das Virus um. Lieber die klamme Kälte als Covid-19 – das ist die Aussage des Fotos, das Ende Jänner auf der Website der BBC erscheint.

Asylbewerber, die draußen schlafen, weil sie sich in den beengten Verhältnissen ihrer Behausung nicht vor Corona schützen können – dies ist auch der bisherige Tiefpunkt einer Entwicklung, die vor einem knappen halben Jahr begann. Im September wurden die Napier Barracks, ein ehemaliges Militärlager bei Folkestone, in Betrieb genommen. Vorübergehend sollten hier mehr als 400 Männer, die per Boot von Nordfrankreich aus den Ärmelkanal überquert hatten, einen Monat lang untergebracht werden. Rund achteinhalbtausend Personen legten 2020 diesen Weg zurück.

Als die ersten an einem warmen Spätsommertag ihren Einzug nehmen, zeichnen sich die Probleme bereits deutlich ab. Nicht nur, dass ihnen, wie so oft in dieser Brexit- und Covid-geplagten Gesellschaft, eine Welle von Xenophobie entgegenschlägt. Auf Videoaufnahmen geben sich Schaulustige empört bis „angeekelt“, dass Asylbewerber in ihrer Stadt aufgenommen werden, wogegen Veteranen vermeintlich auf der Straße leben. Die Kommentare unter entsprechenden Aufnahmen sind noch weitaus feindlicher.

Dramatische Lage

Unter jenen, die hinter dem Zaun zuschauen, steht auch Bridget Chapman, Sprecherin des Kent Refugee Action Networks (KRAN). In einem Video spricht sie von „vielen Fragen, auf die wir keine Antwort bekommen haben: Wie viele Duschen? Wie viele Toiletten? Wie wird nach dem Wohlergehen der Bewohner geschaut? Und wie halten mehr als 400 Leute hier Social Distancing ein?“ Bridget Chapman ist keine Prophetin. Sie zieht nur ihre Schlüsse aus dem, was offensichtlich ist.

Tatsächlich wird die Lage in kürzester Zeit dramatisch. Noch im Herbst schlagen Asylanwälte Alarm: Bis zu 15 Personen seien in einem Raum untergebracht, ihre Betten durch Tücher voneinander getrennt. Zwischen den Betten lägen „nicht mehr als zwei oder drei Fuß“ (60 bis 90 Zentimeter), so The Independent. Die Bewohner einer Baracke teilten zwei Toiletten und einen Duschblock, der einmal wöchentlich gereinigt werde. Die Einrichtung besteht aus 16 Einheiten, wovon drei Einzelzimmer haben und die anderen von bis zu 28 Personen bewohnt werden.

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