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Die politische Krise in Simbabwe ist - auch global - zu bekämpfen. Die Nord-Süd-Kluft ebenfalls.

Auch wenn man bei politischen Fernurteilen vorsichtig sein sollte, überraschen die Nachrichten aus dem südafrikanischen Simbabwe kaum. Der seit 22 Jahren regierende Präsident Robert Mugabe, 78, hat sich durch eine "Wahl" mit vielen Schönheitsfehlern das politische Überleben gesichert - leider nichts Außergewöhnliches: Zumindest gibt es im Süden Afrikas nur wenige Länder, in denen Wahlfälschung, das Ändern der politischen Spielregeln von einen Tag auf den andern, sodass die Mächtigen an der Macht bleiben, unbekannt sind. Kurz: das Einhalten demokratischer Standards ist nicht die Regel.

"Gangster", der sowohl mit "fintenreicher List" als auch mit "nackter Gewalt" sein Tun betreibe: so wird Mugabe in der Neuen Zürcher Zeitung betitelt. Ob derartige Kommentare aus dem Kontinent der ehemaligen Kolonialherren im politisch wie wirtschaftlich ausgepowerten Afrika, wo überdies die Aids-Epidemie das Alltagsantlitz des Todes darstellt, zu baldiger Veränderung beitragen, darf bezweifelt werden.

Trotz der Ferne bleibt es dem Norden aber nicht erspart, sich mit den Vorgängen auseinanderzusetzen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Mugabe im Norden einmal als Vorbild galt: Trotz des äußerst brutalen Bürgerkriegs, der 1979 zum Sturz der Herrschaft der weißen Minderheit geführt hatte, waren Versöhnung und Ausgleich angesagt. Doch dieses Modell hielt nur wenige Jahre, das Land und seine Gesellschaft stehen heute vor den Trümmern der Entwicklung, die Perspektiven sind düster.

Auch Österreich engagierte sich: Anfang der neunziger Jahre wurde Simbabwe zu einem Schwerpunktland heimischer Entwicklungszusammenarbeit.

Davon kann heute keine Rede mehr sein. Von der mit staatlichen Geldern mitfinanzierten österreichischen Entsendeorganisation "Horizont 3000" befinden sich gerade noch zwölf Entwicklungshelfer im Elf-Millionen-Land am Sambesi.

Auch Österreich weicht also - wegen der politischen Situation Simbabwes - auf andere, zur Zeit weniger Sorgen bereitende Weltgegenden aus, zumal es sowieso an allen Ecken und Enden am Geld fehlt: Europas Beitrag zur Entwicklungszusammenarbeit ist beschämend niedrig - und weit von den mit der UNO vereinabarten 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes entfernt: Erst letzten Freitag beschlossen die EU-Staaten, die Mittel bis zum Jahr 2006 auf 0,33 Prozent des BIP zu steigern. Österreich lag 2000 erst bei 0,23 Prozent!

Doch ein Rückzug aus Krisengebieten ist auf Dauer keine Lösung, obwohl dies für Österreich schon Tradition hat: So wurde das Gros heimischer Entwicklungshilfe aus Nicaragua abgezogen, als sich Ende der achtziger Jahre die politischen Rahmenbedingungen änderten. Die Frankfurter Allgemeine schlug in Bezug auf die Krise in Simbabwe in dieselbe Kerbe und schrieb, die Geberländer müssten künftig kompromisslos sein und dürften nicht länger hinnehmen, dass "universelle Rechte in Afrika mit Füßen getreten werden".

Beide angedeuteten Argumente sind berechtigt:

n Es muss die Strategie der Hilfe zum Ausgleich zwischen Süden und Norden sein, dass Projekte prinzipiell auch bei politischer Unbill in der entsprechenden Projektregion weitergeführt werden können. Die Menschen, für die diese Projekte bestimmt sind, würden sonst zu doppelten Opfern - der politischen Krise und der wieder ausbleibenden Hilfe.

n Andererseits muss es ebenso Strategie sein, korrupte, diktatorische, menschenverachtende Regimes keinesfalls weiter am Leben zu halten.

Diese beiden Strategien können sich als antagonistisch entpuppen. Am Beispiel Simbabwe: Ziehen sich die Länder des Nordens aus der Entwicklungszusammenarbeit zurück, bestätigen sie die Propaganda Mugabes, der alle Kritik an seinem Regime als eine Verschwörung der Weißen gegen sein Land geißelt. Lassen sie sich hingegen auf eine Kooperation mit den Mächtigen ein, könnten die Grenzen zur Kollaboration, die man vermeiden will, bald überschritten sein.

Globaler Skandal

Solche Dilemmata sollten aber zu meistern sein; die eigentliche Herausforderung ist die globale Kluft: Dass gerade Afrika ökonomisch und sozial weit ins Hintertreffen geraten ist, stellt nicht nur für entwicklungsbewegte Christen einen Skandal dar, sondern müsste auch Ökonomen und Politstrategen, die auf politische Stabilität setzen, auf den Plan rufen.

Dieser Tage versammeln sich im mexikanischen Monterrey höchstrangige Vertreter der UN-Staaten, um über die Entwicklungsfinanzierung zu beraten. Das Treffen stellt einen ersten Versuch dar, Finanzierungsmöglichkeiten zu verhandeln, um dem von den UN-Staaten 2000 formulierten Ziel, bis 2015 den Anteil der absolut Armen um die Hälfte zu senken, näherzukommen. Es gab im Vorfeld viel Kritik an diesem Gipfel und vor Ort auch schon Proteste von "Globalisierungsgegnern". Die Tatsache dieser Konferenz zeigt aber, dass globale Vereinbarungen und Strategien notwendig sein werden, um die Nord-Süd-Kluft zu entschärfen - und damit auch Problemfälle wie Simbabwe nachhaltig anzugehen. Österreichische, deutsche und Schweizer NGOs aus dem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit haben ihren Regierungen ein gemeinsames Positionspapier mit vielen Vorschlägen dazu übergeben (zu finden unter: www.koo.at/ffd). Die Vorschläge darin reichen von globalen Maßnahmen gegen Steuerflucht oder Korruption in Entwicklungsländern bis zu neuen Weltfinanzregeln (Besteuerung von Devisentransaktionen, Entschuldung der ärmsten Länder et cetera).

Die NGOs wollen, dass sich die europäischen Länder für solch neue Rahmenbedingungen einsetzen und darauf dringen, dass Globalisierung auch eine nachhaltige, gerechte Verteilung der Lebensressourcen bedeutet - und nicht nur die Überwindung der Grenzen bei Kapitalverkehr und -einsatz.

Auch Österreich ist politisch gefordert. Doch der offizielle Einsatz für den Entwicklungshilfegipfel spricht Bände. Während in Monterrey George W. Bush und europäische Regierungschefs teilnehmen, wird Österreich weder durch den Bundeskanzler, noch durch den Finanzminister (in Monterrey geht es ums Geld), noch durch die Außenministerin (bei ihr ressortiert die Entwicklungsförderung) vertreten - sondern durch Franz Morak, Staatssekretär für Kunst und Medien.

Solche Politik hat Tradition: Das Zeugnis für Österreichs Regierungen in Sachen Entwicklungszusammenarbeit ist - leider schon seit Jahrzehnten - ein Armutszeugnis.

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