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Bleibt Makarios im Sattel?

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Am 5. Juli sollen auf Zypern die ersten Parlamentswahlen in der zehnjährigen Geschichte der Inselrepublik stattfinden. Das gegenwärtige Parlament aus 35 griechischen und 15 türkischen Abgeordneten — diese tagen seit 1964, allerdings getrennt — war nämlich 1960 nicht aus dem Votum der Wähler, sondern aus einer Absprache zwischen der damals noch einigen Ma-karios-Partei und den Kommunisten über die Verteilung der Sitze hervorgegangen. Seine 1965 abgelaufene Legislaturperiode war infolge der permanenten Krise zwischen der griechischen und der türkischen Volksgruppe auf der Insel fünfmal verlängert worden, bis sich Präsident Makarios unter dem Druck der inzwischen neügegründeten Parteien nun doch zu einem Wahlgang gezwungen sah.

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Am 5. Juli sollen auf Zypern die ersten Parlamentswahlen in der zehnjährigen Geschichte der Inselrepublik stattfinden. Das gegenwärtige Parlament aus 35 griechischen und 15 türkischen Abgeordneten — diese tagen seit 1964, allerdings getrennt — war nämlich 1960 nicht aus dem Votum der Wähler, sondern aus einer Absprache zwischen der damals noch einigen Ma-karios-Partei und den Kommunisten über die Verteilung der Sitze hervorgegangen. Seine 1965 abgelaufene Legislaturperiode war infolge der permanenten Krise zwischen der griechischen und der türkischen Volksgruppe auf der Insel fünfmal verlängert worden, bis sich Präsident Makarios unter dem Druck der inzwischen neügegründeten Parteien nun doch zu einem Wahlgang gezwungen sah.

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Die Wahl betrifft unmittelbar nur die 35 griechischen Mandate des Rumpfparlaments, doch haben sich auch die Türken entschlossen, ihre in der Altstadt von Nikosia versammelten 15 Abgeordneten neu wählen zu lassen. Dabei stehen sich Programm und Liste des zu Konzessionen an Makarios bereiten türkischen Verhandlungsführers bei den bilateralen Nationalitätengesprächen, Raouf Denktasch, und die um die Zeitung „Bozkurt“ gescharten Extremisten gegenüber, die auf die Zweiteilung Zyperns zwischen der Türkei und Griechenland hinarbeiten.

Wird also am 5. Juli innerhalb der 18/oigen türkischen Minorität die Entscheidung darüber fallen, ob diese zur Akzeptierung des bei den Verhandlungen zwischen Denktasch und seinem griechischen Partner Kliridis ins Auge gefaßten unabhängigen und neutralen Einheitsstaates Zypern mit gleichen Rechten für die griechische, türkische, armenische und libanesische Kommunität bereit ist, so hat das noch viel mehr für die Wahlen bei der griechischen Majorität Gültigkeit.

Vorerst herrscht auf Zypern aber noch große Ungewißheit, ob die junge Republik diese ihre ersten Wahlen überhaupt erleben wird. Der Terror der Geheimorganisation „Nationale Front“ von der äußersten Rechten und die Unruhe bei den linksradikalen Kräften lassen zusammen mit der Einflußnahme des nicht an freien Wahlen interessierten griechischen Militärregimes befürchten, daß es entweder schon vor dem 5. Juli zu einem Staatsstreich nach Athener Vorbild kommt oder daß der Wahltag selbst ins Chaos mündet.

Präsident Makarios hat daher auch diesmal versucht, den Wahlen durch vorherige Absprache der fünf großen wahlwerbenden Gruppen über die Mandatsverteilung das Ungewisse ihres Ausgangs zu nehmen. Diese Bemühungen sind jedoch an der Forderung des von Kliridis geführten Restes der Makarios-Partei nach der absoluten Mehrheit der Sitze endgültig gescheitert. Um aber allen Putschversuchen vorzubeugen, hat das Parlament in Nikosia bei seiner Auflösung Ende Mai den Passus mitverabschiedet, daß seine 35 Abgeordneten automatisch wieder im Amt seien, wenn am 5. Juli keine Neuwahlen stattfänden. Zweitens scheint sich Makarios im Interesse der Stabilität auf Zypern vorerst entschlossen zu haben, seinen Plan der Bestellung eines Ministerpräsidenten aus der stärksten Fraktion aufzugeben. Der Erzbischof, der so auch nach dem 5. Juli Staatsund Regierungschef bleiben wird, hat überdies von der ihm noch zur Verfügung stehenden Mehrheit im alten Parlament ein Wahlsystem verabschieden lassen, der vier der fünf großen Parteien eine gleichmäßige Mandatsverteilung und damit ihm als Staatschef freie Hand mit einem Parlament ohne regierungsfähige Majorität sichert. Da in jeder der vier Provinzen der Insel getrennt nach dem Mehrheitswahlrecht abgestimmt werden soll, ist der Makarios-Partei der Heimatdistrikt des Präsidenten, Paphos, sicher; die griechischen Nationalisten unter Sampson werden sich die Mandate der Kyrenia-Provinz holen, wo es starke türkische Enklaven und Reibereien mit diesen gibt, während die städtischen Siedlungsräume Nikosias und der Häfen von Famagusta und Limasol hier an die Liberalen und dort an die Kommunisten gehen werden.

Unter die Räder kommen bei diesem System allerdings die nach Griechenland ausgerichteten „Enosis“-Anhänger des Arztes Takts Evdokas, Makarios' einzigen Gegenkandidaten bei den Präsidentschaftwahlen von 1968. Sie sind über ganz Zypern gleichmäßig verteilt und werden daher in allen Provinzen durch die Maschen des Mehrheitswahlrechts fallen. Aber auch ihr Wahlslogan von der „Enosis“ mit dem griechischen Mutterland hat keine rechte Zugkraft mehr, seit sie in den Augen der Zyprioten als „Anschluß“ an das autoritäre und zentralistische Athen der Militärregierung Papado-poulus erscheinen muß.

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