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Aus dem schwarzen Loch leuchten ein paar Kerzen und Augen", erinnert sich Pater Georg Sporschill SJ an seinen ersten Besuch in dem "stinkenden Kanal" fünf Meter unter dem belebten und hell erleuchteten Bukarester Bahnhofsplatz. Der Jesuitenpater kämpft seit nunmehr zehn Jahren für bessere Lebensbedingungen der rumänischen Straßenkinder. Er erzählt weiter: "Hinter den riesigen Heizungsrohren sehe ich eine Horde von Buben und einige Mädchen. Sie sind misstrauisch, nicht bei Sinnen, drogensüchtig, betrunken. Nicht zu übersehen ist der mächtige Chef, für den die Kleinen betteln müssen und sich verkaufen. Sie nennen ihn Onkel, Nea Ion. Kinderprostitution, Krankheiten, Gewalt und Verzweiflung herrschen hier unten."

Sozialprojekt Concordia

26. Oktober 1991. Mit drei ehrenamtlichen Mitarbeitern aus Deutschland und Österreich bricht Pater Sporschill nach Bukarest auf. Der Auftrag der Caritas lautet, in sechs Monaten ein Haus für Straßenkinder aufzubauen. Mit einem vollbepackten Kleinbus und Schlafsäcken nimmt das Sozialprojekt Concordia seinen Anfang.

Als Zentrale für Büro, Mitarbeiter und Gäste wird am 24.Dezember 1991 ein Haus an der Piata Concordiei gekauft. Schon 1992 entstehen drei weitere Häuser für Kinder und zwei kleine Wohngemeinschaften.

Im Sommer 1992 wird eine aufgelassene Kolchose 80 Kilometer nördlich von Bukarest erworben und zu einer Farm für Kinder mit elf Kinderhäusern, Kapelle, Lehrwerkstätten für Bäckerei, Schlosserei, Tischlerei und einer kleinen Landwirtschaft ausgebaut.

Im Juni 1996 schließen die ersten Jugendlichen die Lehre als Bäcker mit dem staatlichen Diplom ab. Die Häuser - inzwischen 14 - werden in die Verantwortung der Caritas Bukarest übergeben. Und Pater Sporschill bleibt Vorort.

Sozialprojekt des Stifts

"Ein Zuhause für Straßenkinder", heißt das Sozialprojekt des Stifts Klosterneuburg, das noch vor Weihnachten heimatlosen rumänischen Straßenkinder ein Zuhause geben wird. Für die Errichtung des "Casa Augustin" wurden vom Chorherrenstift 2,4 Millionen Schilling (174.000) locker gemacht. 2002 soll eine weitere Überweisung folgen. Damit nicht genug, seit 15. November vergangenen Jahres sind an die 600.000 Schilling auf einem Spendenkonto eingegangen. Ein beträchtlicher Teil stammt von den Pfarren des Stifts, aber auch Schulklassen haben sich der Sozialaktion des Stifts angeschlossen und gesammelt.

"Casa Augustin" liegt in Ploiesti, einer Industriestadt 60 Kilometer nördlich von Bukarest. Noch bevor das Haus fertiggestellt wurde, war der Platz schon knapp. Mit einem zweiten Gebäude soll daher bald begonnen werden.

Pater Sporschill und seine Helfer verfolgen mit ihrer Arbeit ein klares Ziel: Sie leisten Hilfe zur Selbsthilfe. Mit Beharrlichkeit, Konsequenz, Einsatz und großer Zuneigung werden so aus Straßenkindern Hoffnungskinder - wichtige Hoffnungsträger für Rumäniens Zukunft.

Pater Sporschill sieht die Sache ähnlich: "Nach zehn Jahren in Rumänien kann ich sagen, dass ich oft glücklich war. Aber ich bin nicht zufrieden. Glücklich bin ich, dass ich den Aufbruch eines Landes miterleben darf. Hunderte Male war ich glücklich - über jedes einzelne Kind, das wir aufnehmen konnten.

Glücklich bin ich über jeden Jugendlichen, der seinen Weg in die Selbstständigkeit findet. Mit unseren Großen verbindet mich eine bleibende Freundschaft. Sie halten zusammen und gründen jetzt den "Club Concordia", um auch selbst anderen Kindern zu helfen. Das ist meine Familie. Sie lässt mich das ungeheure Wort verstehen, das Jesus beim Abschied sagt: Wer glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen, und er wird noch größere vollbringen. (Joh 14,12)... Unsere Nachfolger werden andere und größere Werke vollbringen, wenn wir Vertrauen haben. Der Glaube entlastet uns, die Älteren, und lässt uns schwierige und übergroße Unternehmungen anfangen. Die Jüngeren werden sie weiterführen. Ich glaube, dass unsere Kinder Concordia übernehmen und viele Gemeinschaften für andere Kinder gründen werden. Ich glaube, dass die rumänische Jugend ihre belastete Heimat für Europa vorbereitet."

Das Stift Klosterneuburg hat zu Beginn des Jahres 2000 ein Statut aufgestellt, in dem es sich verpflichtet, Straßenkindern in den ärmsten Ländern der Welt vor Hunger, Kälte und Gewalt zu schützen.

Die Unterstützung der Arbeit von Pater Georg Sporschill in der rumänischen Hauptstadt Bukarest ist die erste dieser Maßnahmen. Dem Haus Augustin sollen weitere Häuser folgen - in Rumänien und überall auf der Welt, wo immer Kinder in Not sind.

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