Coronapolitik der deutschen Ampel: "Feigenblatt-Entscheide"
In Deutschland wurde das Ende der epidemischen Lage verkündet. Dabei ist die Zahl an Corona-Infektionen so hoch wie noch nie. Anamnese einer Paradoxie.
In Deutschland wurde das Ende der epidemischen Lage verkündet. Dabei ist die Zahl an Corona-Infektionen so hoch wie noch nie. Anamnese einer Paradoxie.
Der Name des Sündenbockes ist bekannt. Er heißt Jens Spahn. Der scheidende deutsche Gesundheitsminister (CDU) hat versäumt, das Land auf die Coronalage im Herbst vorzubereiten. Vielmehr nahm er hin, dass in den Bundesländern Impfzentren abgebaut wurden und die Aufklärungsarbeit in den ländlichen Regionen sowie urbanen Brennpunkten ins Stocken geriet.
Zuweilen sollen Virologen, Epidemiologen oder Komplexitätsforscher mit ihren Prognosen bei ihm auf Granit gestoßen sein. Ähnlich erging es wohl den Pflegerinnen und Pflegern, den Ärztinnen und Ärzten. Wie in Österreich sind sie am Limit. Ihre Hilfeschreie gingen im lauten Getöse des Bundestagswahlkampfes unter. Was nicht sein darf, ist nicht. Eine Maxime, der zumindest im Sommer viele politische Entscheidungsträger im Nachbarland gefolgt sind.
Mitnichten nur Jens Spahn. Bund wie Länder ließen wertvolle Zeit verstreichen. Rund um Weihnachten könnte Deutschland (derzeitige Impfquote: 68 Prozent, Sieben-Tage-Inzidenz: knapp 400) am Höhepunkt der vierten Welle stehen. Was paradox anmutet: Zu diesem Zeitpunkt wird sich das Land nicht mehr in einer „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ befinden. Während Österreich im Lockdown verweilt, wird am Freitag, dem 26. November, in Deutschland der Ausnahmezustand für die öffentliche Gesundheit aufgehoben. Der Paragraf 28a, Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes wird stillgelegt. Die Ampelkoalitionäre in spe befeuerten diesen Entschluss (am vergangenen Mittwoch präsentierten sie ihren Koalitionsvertrag). SPD, FDP und Grüne sehen es demzufolge als gesichert an, dass sich der bundesweite Ausnahmezustand rechtlich nicht mehr halten lässt.
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