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CSU eröffnet den Wahlkampf

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„Entschlossen die Zukunft sichern!“ Dieses Wahlkampfmotto hat die CSU am 13. und 14. Juni in München ausgegeben, wo sie mit 600 Delegierten

und ungewöhnlich vielen Beobachtern zu einem außerordentlichen Landesparteitag ausaimmengekom-men war. Bundeskanzler Kiesinger und der CSU-Vorsitzende, Bundesfinanzminister Strauß, sorgten mit ihren Reden, die die Höhepunkte der Tagung bildeten, dafür, daß sich die von der SPD kürzlich wieder unter Beschuß genommene Bindestrichfraktion CDU-CSU in notwendiger Einigkeit dem Wahlvolk — „das viel gescheiter ist und mehr weiß, als die Wahlstrategen vermuten“ — präsentierten.

Bundeskanzler Kiesinger, der das dem deutschen Volke attestierte, nachdem ihm selbst vom Präsidenten des bayrischen Landtags „unnachgiebige Liebenswürdigkeit“ und „anschmiegsame Härte“ attestiert worden war, stellte seine Person und seine Amtszeit unter das Zeichen des „Friedensmachers“. Friede sei an der Spitze seines Regierungsprogramms gestanden, und Frieden habe er auch immer wieder in der großen Koalition schaffen müssen, wo zwei starke Zugpferde oft gleichzeitig in ent-gegengesezte Richtungen zögen und nur „durch eine sanfte Hand“, gutes Zureden und hie und da einem Peitschenschlag in dieselbe Richtung gelenkt werden könnten. Friedensstiftende Politik sei auch der einzige Garant für einen gesunden Patriotismus. Kiesinger, der mehr als Bun-

deskanzler denn aus Parteivorsitzender sprach, distanzierte sich zwar in manchen Passagen seiner Rede von der SPD, ließ aber keinen Zweifel daran, daß er alles daran setzen möchte, die große Koalition bis zum Wahlentscheid aktiv zu erhalten, „um eventuelle europäische Chancen in diesem Sommer wahrzunehmen“.

Wesentlich schärfere Wahlkampfakzente

setzte Bundesfinanzminister F. Josef Strauß, der von seiner Partei wieder einmal als unumstrittener erster Vordermann gefeiert wurde. Zwar hatte es sich der CSU-Vorsitzende von allem Anfang an ausdrücklich versagt, eine — offenbar von ihm erwartete — „Muskelparade“ zu bieten. Wenn dann seine anderthalb-stündige Rede, die zum Hauptteil in einem finanzpolitischen, mit vielen Zahlen gespickten, Rechenschaftsbericht bestand, trotzdem wie ein rhetorischer Kraftakt anmutete, dann einfach deshalb, weil er es gar nicht anders kann. Den Sozialdemokraten gestand er zu, als zweite Kraft sachlich an der Lösung der in der großen Koalition anstehenden Probleme mitgewirkt zu haben. Im Bereich der Wirtschaft und Finanzen ging es ihm jedoch deutlich darum, dem Wähler jegliche Dankbarkeitsgefühle der SPD gegenüber auszureden: „Die Bundesrepublik

Deutschland stand Ende 1966 nicht vor dem Untergang und wir brauchten weder einen Retter Brandt noch einen Messias Schiller, um nicht am Hungertuch zu nagen.“ Und noch deutlicher: „Maßnahmen der Wirt-schaftsbeiebung stammen aus dem Bereich der Finanzpolitik.“ Dem Bundeswirtschaftsminister billigte er zwar „gute Anregungen“ zu, aber „daß der eine Führer und der andere sein Ministrant sei, ist glatter Quatsch“.

NPD kein Partner

Mit einem Gemisch aus Ironie und Vehemenz setzte sich dann der CSU-Vorsitzende ausführlicher mit den Vorwürfen Brandts auseinander, die ihn und die CSU des „Nationalismus und der Nähe zu einer rechtsradikalen Partei“ bezichtigten. Trotz einer Distanzierung von den Nationaldemokraten ließ Strauß sein

Verhältnis zur Thadden-Partei merkwürdigerweise im Unklaren. Seine bisher deutlichste Äußerung zu diesem Thema im Kressbronner-Kreis überließ er dem Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stücklen, zur Wiederholung, der am Eröffnungstag feststellte: „Es gibt keine Verbindung von CDU zur NPD und es wird eine solche nicht geben. Die NPD ist weder heute noch morgen ein Partner der CSU.“

Die von den Delegierten in fünf Arbeitsgruppen erarbeiteten Stellungnahmen zu wichtigen politischen Fragen von Währung und Finanzen, Strukturpolitik, Wirtschaft und Wissenschaft sowie den Problemen der sozialen Sicherheit und der Außen-und Sicherheitspolitik werden jetzt noch intern zu einem Wahlprogramm zusammengeschweißt, das Anfang Juli der Öffentlichkeit bekanntgegeben werden soll.

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