"Dank Putin sind wir zusammengerückt“

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Nach einer Kundgebung am Rande der Europaratskonferenz der vergangenen Woche bleiben zwei ukrainische Demonstranten am Michaelerplatz übrig. Die Hauptveranstaltung hat sich bereits aufgelöst. Ein Polizist in Zivil bittet die beiden abzuziehen. Unvermittelt baut sich eine ältere Dame, augenscheinlich Touristin, vor den beiden Aktivisten auf und beginnt sie lauthals auf Russisch zu beschimpfen. Die Ukrainer und ihre Regierung seien kriminell. Einer der beiden kommentiert die Situation: "Jahrhundertelang nur Kriege - die Russen sind aggressiv.“

Die Demonstration am Heldenplatz selbst ist unspektakulär vorüber gegangen. Es herrscht familiäre Stimmung. Aufgerufen hat der Verein "Demokratische Ukraine“ - ursprünglich gegründet, um auf die Missstände unter Janukowitsch hinzuweisen. Heute ist er eine Plattform, um Öffentlichkeit für ukrainische Anliegen zu bekommen. Zusätzlich kümmert er sich um die Versorgung Verwundeter der Maidan-Proteste.

Oleksandra Saienko, Sprecherin des Vereins, ist eine von vielen mit russischer Muttersprache. Dass die Sprache ein entscheidender Faktor im Konflikt ist, bestreitet sie: "Keiner hat Probleme weil er Russisch spricht.“ Große Teile im Süden und Osten des Landes sind seit der Zurückdrängung der ukrainischen Identität in Sowjetzeiten russischsprachig.

Auf Facebook blockiert

Von den Ukrainern in Wien mit russischer Muttersprache beteiligen sich aber nur einzelne an den Protesten. Auch unter diesen gebe es aber keinerlei Sympathien für den Putin-Kurs. Selbst bei an Politik Uninteressierten sei die Stimmung klar: Bis vor kurzem war es nicht ungewöhnlich, dass Frauen von reichen Ukrainern Luxuspartys mit ihren russischen Bekannten gefeiert haben. "Mit dem Anfang der Ereignisse auf der Krim haben die Russinnen ihre ukrainischen Freundinnen auf Facebook gelöscht.“, schildert Saienko.

Kurz bevor sich die Demonstration auf dem Heldenplatz auflöst, zerreißt ein aufgebrachter Russe ein Plakat und beschimpft die Demonstranten als Faschisten. "Das Wort Faschismus stammt aus der Sowjet-Propaganda und hat damals alles Schlechte bedeutet“, wehrt Saienko die Vorwürfe ab. Die Partei Swoboda sei inzwischen moderater geworden und habe kaum etwas zu sagen. Die momentane Regierung sei zwar umstritten, aber nicht illegitim.

"Putin hat sehr viel beigetragen, dass wir uns wirklich als Nation sehen und dass die ukrainische Gemeinde in Österreich zusammenrückt. Wir sind einig geworden“, sagt Oleksandra Saienko. Die innenpolitischen Auseinandersetzungen aus der Ukraine dürfe man nicht nach Österreich tragen. "Die Priorität ist Ruhe und Frieden, dass wir uns von Putin befreien. Dann sehen wir weiter.“

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