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Der EURO — das neue Gesicht Europas

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Der Euro wird eine der stabilsten Währungen der Welt sein." „Die Schaffung einer einheitlichen europäischen Währung fördert die Identifikation der Bürger mit Europa."

Am Wahrheitsgehalt dieser und anderer „offizieller" Thesen zum Euro lassen die Geschehnisse im Vorfeld seiner Einführung zweifeln: Schon vor seiner „Geburt" bewirkt der Euro Kursschwankungen auf den internationalen Finanzmärkten. Die Arbeitnehmervertretungen verwei -gern den „Informations"-Kampa-gnen die Gefolgschaft. Man hört, daß manche Staaten abenteuerliche Beschönigungen ihrer Budgets durchführen, um die Konvergenzkriterien zu erfüllen. Und als ob das noch nicht genug sei, ist nun auch den Experten, die uns informieren sollen, nicht mehr zu trauen, weil diese von der EU dafür bezahlt werden, ausschließlich Positives über den Euro zu verbreiten. Ist das „das neue Gesicht Europas", mit dem sich die Bürger identifizieren sollen?

Erinnern wir uns: Die europäische Union soll Frieden, Demokratie und Wohlstand sichern. Die großen Probleme und Herausforderungen unserer Tage - es seien nur die Globalisierung der Wirtschaft und die Erhaltung einer lebenswerten Umwelt genannt - kann ein einzelner europäischer Nationalstaat nicht bewältigen. Dazu bedarf es schon der gemeinsa men und koordinierten Anstrengung ganz Europas. Ein Schritt auf dem Weg zur erforderlichen europäischen Integration ist die Schaffung einer Wirtschafts- und Währungsunion und — als deren wesentlicher Bestandteil - einer gemeinsamen Währung.

Der Binnenmarkt erleichtert europäischen Produkten als geschützter Heimatmarkt das Bestehen auf dem Weltmarkt. In ihm entstehen die wirtschaftlichen Verflechtungen, die die Einigkeit Europas im Innerenund ein geschlossenes Auftreten nach außen ermöglichen. Der Euro als einzige Währung würde auf diesem Binnenmarkt Preistransparenz schaffen, das Wechselkursrisiko innerhalb der Gemeinschaft eliminieren und das mit nicht unerheblichen Kosten verbundene Geldwechseln unnötig machen.

Das muß jede Kritik am Euro berücksichtigen. Sie darf sich daher, will sie seriös bleiben, auch nicht gegen das „ob", sondern nur gegen das „wie" der Währungsunion richten. Den Arbeitnehmervertretungen ist insbesondere das Fehlen eines Konvergenzkriteriums „niedrige Arbeitslosenquote" ein Dorn im Auge.

Tatsächlich scheint es fraglich, ob ein Staat besser auf die Einführung einer harten Währung vorbereitet ist, wenn er ein geringeres öffentliches Defizit durch höhere Arbeitslosigkeit und schlechtere Konjunkturentwicklung erkauft. Nun ist der Kommission immerhin aufgefallen, daß Italien sein Budget durch zahlreiche nur einmal wirksame Maßnahmen auf Maastricht getrimmt hat, weshalb sie Italien auch vorerst nicht als Teilnehmer am Euro vorsieht.

Die Euro-bedingten Kursschwankungen zwischen US-Dollar und DM mögen psychologisch bedingt sein. Aber gerade an all dem zeigt sich, daß auf Seiten der Bürger ein beträchtliches Informationsbedürfnis und auf Seite der EU ein entsprechender Erklärungsbedarf besteht: Wird doch der Erfolg des Euro nicht zuletzt vom Vertrauen in seine Stabilität abhandln dieser Situation ist es besonders fatal, daß versucht wird, die Bürger Europas durch einseitige Euroeuphorische Werbung zu gewinnen. Nicht nur die Österreicher scheuen solche Kampagnen mittlerweile wie ein gebranntes Kind das Feuer. Durch sie werden jene überzogenen Erwartungen hervorgerufen, die später notwendigerweise zu Enttäuschungen führen. Denn der Euro ist keinesfalls ein Allheilmittel gegen Bezession, Arbeitslosigkeit und was die Menschen sonst noch bedrückt und sorgenvoll in die Zukunft blicken läßt. Er ist lediglich ein kleiner, grundsätzlich sinnvoller Schritt der Bationalisierung auf dem Weg zu einem geeinten Europa.

Ein solches geeintes Europa kann aber nur ein Europa der Bürger sein: Grenzüberschreitend tätige Großunternehmen reichen zur Schaffung eines echten Binnenmarktes nicht aus, und schon gar nicht für eine gemeinsame geistige Basis einer politischen Union. Auch die Arbeitnehmer müssen ihre Freizügigkeit bereitwillig ausnutzen, auch die Verbraucher müssen sich neben ihrer nationalen Identität auch als Europäer fühlen. Die Einführung des Euro mit ihren derzeit zu beobachtenden Begleiterscheinungen wird das sicher nicht alleine bewirken können.

Dazu bedürfte es schon einer ganz anderen, viel besseren Kommunikation der europäischen Institutionen mit den ihnn „unterworfenen" Bürgern. Die Information müßte ungeschminkt und objektiv erfolgen -schließlich haben wir gelernt, es zu honorieren, wenn man uns reinen Wein einschenkt - und außerdem bedürfte es auch einer Gelegenheit der Kommunikation in die andere Richtung:

Das jüngst in Österreich sehr erfolgreiche Gentechnik-Volksbegehren hätte sinnvollerweise auf europäischer Ebene stattfinden müssen da gibt es aber eben keine Möglichkeit einer direktdemokratischen Gesetzesinitiative.

Hier müßten Reformen ansetzen, die das Gesicht Europas entscheidend zum Besseren verändern wollen. Ein Euro-Payer macht eben alleine noch keinen zufriedenen und loyalen Europäer. Bis jetzt erscheint der Brüsseler Bürokratiekoloß, indem er sich aufschwingt, in seinen Ländern die Demokratie zu bewahren und zu fördern, wie ein schwergewichtiger Pinguin, der die Falken das Fliegen lehren will.

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