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Islamisten in Ägypten: (K)ein neues Feindbild

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In Ägypten werden Islamisten stärker. Eine Reportage.

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In Ägypten werden Islamisten stärker. Eine Reportage.

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Ende vergangener Woche gab es wieder Tote in Ägypten. Sie gehen auf das Konto von Islamisten. Ägyptens Politiker haben es schwer, gegen Panik anzureden. Dieser Versuch der Destabilisierung kommt in erster Linie einem psychologischen Krieg gleich, der sich der Medien bedient und katastrophale wirtschaftliche Folgen hat: Letztes Jahr überstiegen die Verluste für Ägypten im Tourismussektor umgerechnet 9,6 Milliarden Schilling. Das ägyptische Volk, zutiefst friedliebend und wenig Gewalt gewohnt, lehnt den Extremismus ab.

An den historischen Stätten von Saqqara, Gizeh und Luxor oder in der Altstadt von Kairo sieht man kaum Touristen; die wenigen, die sich nicht abschrecken lassen, werden von bewaffneten Polizisten beschützt, die Handtaschen durchsuchen und die Besucher beim Eingang der Museen durch Metalldetektoren schleusen.

Die Angst sei angesichts der Realität im Grunde irrational, meinen ägyptische Politiker. Im allgemeinen sei alles ruhig und sicher für die Fremden: Hotels und touristische Attraktionen werden streng bewacht und die Polizeikräfte erhalten von der Bevölkerung, die genug hat von den Gewalttaten der Islamisten, immer mehr Hilfe bei ihrer Jagd nach Bombenlegern. Allerdings empfehlen westliche Botschaften – wenn sie auch nicht ganz von einem Ägypten-besuch abraten – doch lieber nicht den Bus oder den Zug zu nehmen, um in die Regierungsbezirke Minya, Assiut oder Qena in Oberägypten zu reisen; denn das sind Hochburgen der Islamisten.

„Es gibt einen sehr starken nationalen Konsens gegen den Terrorismus“, betont der Tourismusminister Mamdouh El-Beltagui. Auf der Straße läßt sich übrigens leicht nachprüfen, was er sagt – die „Bärtigen“ sind eher selten. Gewerkschaften, politische Parteien der Mehrheit wie der Opposition, Medien, Intellektuelle und einfache Bürger „sind alle gegen die Extrernisten und verurteilen die Gewaltakte, die gegen die Natur dieses zutiefst gastfreundlichen und friedlichen Volkes gehen.“ Für den ägyptischen Tourismusminister werden die islamistischen Integristen weder vom Volk noch von den guten Moslems, auf die sie sich berufen, unterstützt. Die Geschichte des sunnitischen Islam in Ägypten zeige dies und die islamische Äl-Azhar-Universität, die Weltruf hat, habe immer die Aufgabe gehabt, gegen die extremistische Strömung im Islam zu kämpfen.

Gegenwärtig wird am Hohen Militärgericht den 15 Islamisten - sechs von ihnen sind nach wie vor flüchtig - der Prozeß gemacht, die am 25. November 1993 versucht haben, Premierminister Atef Sedki umzubringen. Damit werden auch die Verbindungen der Terroristen immer besser bekannt. „Die Tatsachen sind klar: die sogenannten ,Afghanis‘ – seien dies nun Ägypter oder Libanesen – wurden durch den amerikanischen Geheimdienst CIA unterstützt und zum Kampf gegen den Kommunismus in Afghanistan ausgebildet. Sie haben eine für Ägypter unübliche militärische Technik. Diese Leute sind festgenommen worden“, so El-Beltagui. Die ägyptischen Mudschaheddin hätten zugegeben, im pakistanischen Peshawar ausgebildet worden zu sein. Nach einer „Gehirnwäsche“, die sie zu Fanatikern gemacht habe, hätten sie die Handhabung komplizierter Waffen wie zum Beispiel ferngelenkter Bombensysteme gelernt.

Ernergische Präventivaktion

Die Regierung verzeichnet seit einigen Monaten doch Erfolge in ihrem „totalen Krieg“ gegen die Terroristen. Diese haben letzthin bei Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften, die eine „systematische und sehr energische Präventivaktion“ durchführen, mehrere ihrer bedeutenden Anführer verlören.

Der Minister wendet sich entschieden gegen westliche Medien, die im Zusammenhang mit den Attentaten gegen Touristen und Ausländer „Alarmismus“ betreiben, Sachverhalte unnötig wiederholten und aufwärmten und – nach dem Zusammenbruch des Kommunismus – ein neues Feindbild, den Islam, aufbauten.

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