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Der Krieg aus Sicht der Religionen

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Vor kurzem fand in Split eine Tagung „Konfessionen und Krieg“ statt. Neben Vertretern der serbischen Orthodoxie, der katholischen Kirche und der Moslems kamen auch jüdische und evangelische Repräsentanten.

Übereinstimmung herrschte, daß es sich in Bosnien-Herzegowina um keinen Religionskrieg handelt. „Der Krieg ist ein technisches Problem und ein psychischer Zustand“, meinte Jakov Jukic, einer der Referenten, „aber auf keinen Fall ein öffentliches Religionsproblem.“ Dennoch haben offizielle Stellungnahmen von kirchlicher Seite eine unschätzbare Bedeutung auf der Suche nach dem Weg des politischen Dialogs, wurde betont.

So sei beispielsweise die Vernunft des katholischen Bischofs im von Serben kontrollierten Banja Luka, Franjo Komarica, zu einer Art Schutz für die dort lebenden Kroaten geworden. In Sarajewo haben Erzbischof Vinko Puljic und der Franziskanerprovinzial Petar Andjelovic die Rolle der Vermittler zwischen Kroaten und Moslems gespielt. Zum Frieden riefen auch Ognjen Kraus (Israelitische Kultusgemeinde Zagreb) und der Präsident der Islamischen Gemeinde, Sevko Omerbasic, auf.

Seit kurzem scheint es, als ob die Konfliktparteien eine Lösung nur mehr in einer Union von drei nach ethnischen Kriterien gebildeten Republiken und Bosnien-Herzegowina sehen. Trotz aller Versprechungen kann das nur bedeuten, daß in jedem der drei Teile kein Platz für die zwei anderen Völker oder Konfessionen bleibt.

ZERFALL RESTJUGOSLAWIENS

In Sarajewo, so berichtete Muha- med Filipovic, gehe die Diskussion darum, ob eine moslemische oder eine bürgerliche Republik errichtet werden soll. Filipovic gilt als entschlossener Anhänger einer bürgerlichen Republik und tritt auch dafür ein, daß der Begriff Moslem durch Bosniake ersetzt werden sollte, um eine Identifizierung des Volkes mit der Religion zu vermeiden.

Bei der Tagung wurde die Meinung vertreten, daß Religionskonflikte auch ztun Zerfall Restjugoslawiens führen könnten. Die Autonomieerklärung der montenegrinisch-orthodoxen Kirche geht in Richtung Souveränität des montenegrinischen Volkes. Der montenegrinische Schriftsteller Mirko Kovac: „Ich bin überzeugt, daß das der erste Schritt zu einem selbständigen Montenegro ist.“

Auch die mazedonisch-orthodoxe Kirche, die sich von der serbischen als unabhängig erklärte, verhinderte großserbische Pläne, die auf der Einigung aller Orthodoxen Ex-Jugoslawiens basieren.

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