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Martin Heidegger sagte einst, dass der Mensch auf dem Poetischen gründe. Er meinte damit, dass unsere Heimat in der Interpretation der Welt liegt und nicht in der Welt selbst. Wir leben in der Sprache und die Sprache ist nicht das Ding an sich (das Wort Hund etwa ist nicht ein Hund) sondern ein Symbol. Das eine ist eine echte Welt und das andere ist die Welt der Symbole. Der Myzuos ist nicht etwas, das wahr oder falsch ist, sondern eine Grammatik des Weltsverständnisses. Heidegger ist sicher nicht weit von der Wahrheit entfernt, wenn wir den Binären Code als ein sich wiederholendes, rhythmisches Gedicht wahrnehmen.

Computerprogramme, Apps, Spiele, Algorithmen - all das kann auch als eine sehr exquisite und aktuelle Form eines Mythos wahrgenommen werden. Wer immer in die Welt der virtuellen Realität blickt, schaut nicht auf ein Äußeres, sondern auf eine Innenwelt. Virtuelle Brillen sind eine (sehr mächtige) Krücke für unsere Fantasie. Sie schaffen "echte" Virtualität, bestehend aus Umrissen und Geschichten. Wir leben erstmals in einer Zeit, in der ein Leben im Internet möglich erscheint. Schon heute leben wir einen immer größeren Anteil unseres Lebens im Netz. "Dort" befinden sich meine Freunde (und alle gleichzeitig), dort ist der Spaß, dort ist die Arbeit. Der Wecker ist noch der Wecker, aber in ihrer physischen Form sterben Wecker gerade aus.

Das gleiche gilt für Tagebücher, Fotoalben, Bücher, Videotapes usw. Alles das ist in eine a-materielle Dimension gewandert. Unlängst sah ich in einem niederländischen Beisl einen Spruch: "Auf welchen schönen Flecken Erde werden Sie dieses Jahr in Ihren Ferien auf Ihrem Handy schauen?" So ist es: Wir sind dort, wo unser Bewusstsein ist. Man kann es auch ganz konzentriert ausdrücken: In dieser neuen Welt lebt nur die Seele der Dinge.

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