Deutschland braucht Napoleon

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Es hat Zeiten gegeben, da haben österreichische Politik-Kommentatoren gerne Deutschland gelobt: Weil im Gegensatz zu den Gepflogenheiten hierzulande bereits im Wahlkampf die präferierte Koalitionsvariante bekannt gegeben, ja – siehe Schröder/Fischer – sogar gemeinsam dafür geworben wurde. Mittlerweile ist das anders: Die Union sagt zwar, dass ihnen die Freien Demokraten der liebere Partner als die Sozialdemokraten wären; umgekehrt lässt FDP-Chef Guido Westerwelle keinen Zweifel daran, dass er gerne Juniorpartner in einer schwarz – am liebsten von Wirtschaftsminister zu Guttenberg – geführten Regierung wäre.

Doch ansonsten hört man nur, was nicht geht: Die FDP will mit Rot und Grün nicht, Grün verweigert sich Schwarz-Gelb, Rot will Rot auch nicht mit Grün … Übrig bleibt nach dem 27. September, was keiner will: die große Koalition. Kanzlerin Angela Merkel fängt jetzt schon an, „klare und stabile Verhältnisse“ zu beschwören und Frank-Walter Steinmeier bleibt viel lieber Außenminister, auch wenn er jetzt ein paar Wochen Kanzlerkandidat spielen muss.

Wenn aber vorher feststeht, was nachher rauskommt, wird die Wahl zur Farce. Politikwissenschafter brandmarken diese Alternativenlosigkeit schon lange als Gift für die Demokratie. Ohne Erfolg: Die Großkoalitionäre bleiben an der Macht, auch wenn ihre Parteien dabei immer kleiner werden.

Einen Ausweg für Deutschland bietet die Annäherung zwischen Rot und Rot. So wie es zwischen CDU/CSU und FDP eine ideologische Verwandtschaft gibt, so sind SPD und Linke aus einem Holz. 20 Jahre nach 1989 ist es Zeit, dass sich die deutschen Sozialisten zu ihrer Herkunft im 19. Jahrhundert bekennen und nicht auf ihrer Trennung im 20. Jahrhundert beharren. Oskar Lafontaine, der Wahlsieger vom Sonntag, kennt beide Traditionen. Wenn es dem „Napoleon von der Saar“ jetzt gelingt, über seinen Schatten zu springen und die Linke mit der SPD zu versöhnen, befreit er Deutschland aus einem gefährlichen Patt.

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