7133485-1997_37_13.jpg
Digital In Arbeit

Die großen Schuhe des Josef P.

19451960198020002020

LH Josef Pühringer stellt sich erstmals den Wählern und sucht sein Glück in einem Positiv-Wahlkampf, möglichst ohne Störungen durch die Bundespartei.

19451960198020002020

LH Josef Pühringer stellt sich erstmals den Wählern und sucht sein Glück in einem Positiv-Wahlkampf, möglichst ohne Störungen durch die Bundespartei.

Werbung
Werbung
Werbung

Landtagswahl in Oberösterreich am 5. Oktober: Seriöse Prognosen abzugeben war noch nie so schwierig wie heuer. Zwar gehört Oberösterreich nach wie vor zu den traditionellen Kernländern der Volkspartei, eine absolute VP-Mehrheit, die noch in den Jahren 1979 und 1985 eingefahren wurde, schaffte sie aber schon 1991 nicht mehr. Inzwischen hat sich auch das Spektrum deutlich verändert: der Höhenflug der Haider-FP, das erstmalige Antreten nicht aufgesplitterter Grüner, die Entstehung des Liberalen Forums als neue politische Kraft.

Prognosen abzugeben wagen auch die Partei Wahlstrategen nur sehr vage. Angesichts der gegebenen Voraussetzungen wird es die VP, die mit Josef Pühringer den Landeshauptmann stellt, schon als Erfolg werten müssen, wenn sie das Resultat von 1991 mit 45,2 Prozent der Wählerstimmen -damals noch erzielt mit dem äußerst populären Langzeit-Landeshauptmann Josef Ratzenböck (er amtierte seit Oktober 1977) - annähernd erreicht.

Den Rückzug Ratzenböcks, der als einer der letzten den Typ des volksnahen VP-„Landesvaters” verkörperte, mußte die VP im März 1995 erst einmal verkraften, die Schuhe schienen für den von Ratzenböck sukzessive aufgebauten Nachfolger Josef Pühringer anfangs zu groß. Die VP reagierte schon zu Beginn des Wahljahres mit einer bisher noch nie dagewesenen Positiv-Imagekampagne, um Pühringer frühzeitig zu „positionieren”, und verknüpfte seine Person plakativ mit Regierungserfolgen: das Landesbudget ist auf dem Weg der Sanierung, die Wirtschafts- und Beschäftigungssituation ist in Oberösterreich vergleichsweise gut. Laut Umfragen dürfte die Strategie auch erfolgreich sein.

Dies beeinträchtigt vor allem die Startposition der SP und ihres Spitzenkandidaten Fritz Hochmair, dessen Nachfolge als Landeshauptmann-Stellvertreter auf Karl Grünner im Jahr 1993 in seiner eigenen Partei alles andere als unumstritten war. Hochmair und die SP, de facto mit der VP in freundschaftlicher Sachkoalition verbunden, lassen zudem markante Angriffe, wie sie einem Herausforderer anstehen würden, großteils vermissen, Konflikte werden traditionell in Kompromißformeln geregelt. Zudem hat der bedächtig aber wenig ex-trovertiert wirkende Fritz Hochmair mit dem mittlerweile erreichten Popularitätsbonus seines Kontrahenten zu kämpfen. Wenngleich auch Hochmair in der Bevölkerung hohe Kompetenz in den dominierenden Themen Beschäftigungs- und Sozialpolitik zugestanden wird.

Redaktionelle Gestaltung: Rudolf Mitlöhner

Das Wahlziel, das sich Hochmair steckte - „stärker zu werden” - ist nichts anderes als wahltaktische Logik. Ein Absacken unter die 30-Pro-zent-Marke, nachdem die SP bereits 1991 mit 31,4 Prozent ihr historisches Tief erreicht hatte, würde der Ex-Eisenbahner wohl auch innerparteilich kaum verkraften. Zumal auch die SP das weitere Erstarken der Freiheitlichen fürchten muß.

Der Aufschwung der Haider-FP schlug bei der Landtagswahl 1991 erstmals kräftig durch. Die Freiheitlichen sprangen aus der relativen Bedeutungslosigkeit auf 17,7 Prozent und stellen seither mit Hans Achatz den ersten oberösterreichischen FP-Landesrat, der in dieser Funktion eher wenig auffiel. Das beharrliche Vertrauen der Landes-FP auf den Haider-Effekt ist offensichtlich: Die Vorwahlzeit gestaltete die FP von sich aus mit fast unglaublicher Fadesse. Daneben wird treuer Nachvollzug dominierender FP-Bundesthemen geübt: Ablehnung der Währungsunion, Kampf gegen „Überfremdung”, Steuersenkung, das „Aussackeln des kleinen Mannes” durch Sparpakete, die ohnedies nur der Erfüllung der Maastricht-Kriterien dienen. Achatz hat's nicht nötig, in die Tiefe zu gehen. Bei seinem Ziel, auf 20 Prozent aufzustocken, dürfte er am Abend des 5. Oktober als einer der Sieger dastehen -Jörg sei dank.

Die seriösesten Chancen, neu in den Landtag einzuziehen, haben die Grünen. Eine in sich geschlossene Grün-Gruppierung hätte vermutlich schon 1991 den Einzug in den Landtag geschafft, doch damals kandidierten Grüne und VGÖ getrennt. Mit dem Grün -N ationalratsabgeordneten Rudi Anschober, der damit die politische Rückkehr in sein Heimatland besiegelte, nominierten die Grünen einen Spitzenkandidaten, der über die nötige Bekanntheit und auch den positiven Rückhall in der Bevölkerung verfügt.

Doch scheint An-schobers Taktik des „Aufdeckens” und Skandalisierens nur teilweise aufzugehen. Die Konflikte um das Kraftwerk Lambach und den Bau der Welser Westspange dürften weniger Wasser als erwartet auf die Mühlen der Grünen bringen. Dennoch: das Grünpotential ist in Oberösterreich groß genug, um die Grünen als seriöse Anwärter auf einen Landtagsein-zug führen zu können.

Wogegen die Liberalen bei ihrer ersten Kandidatur auf Landesebene gegen das drohende Scheitern ankämpfen. Von personellen Querelen blieb das LIF auch in Oberösterreich nicht verschont; nach dem Rücktritt von Michael Obermeyr Anfang des Jahres aktivierten die Liberalen die bislang überhaupt nicht in der Politik präsente Christa Fischer-Korp als neue Spitzenkandidatin.

Derartige Mankos versucht das LIF, das einen akzentuiert wirtschaftsliberalen Kurs steuert, durch forsches Auftreten und Eigenwerbung als „einzige Opposition” wettzumachen, sowie mit der massivsten bundespolitischen Schützenhilfe aller Parteien: mit insgesamt 65 Auftritten von LIF-Gründerin Heide Schmidt.

Wie sehr die Bundespolitik die Entscheidung in Oberösterreich beeinflussen wird, ist nicht quantifizierbar. Die Hoffnung auf den „Klima-Effekt” war nach dem Kanzlerwechsel auf dem Landesparteitag der SP deutlich zu spüren. Angesichts des wenig ruhmreichen Bildes, das die Bundes-VP schon chronisch bietet, wird deren Abfärben auf den Positiv-Wahlkampf von Josef Pühringer eher als Geschäftsstörung denn als freundschaftliche Unterstützung gewertet. Pühringers Truppe ist auch peinlich bedacht, die Themenbereiche Land und Bund zu trennen.

Bleibt die Frage nach den Konstellationen nach der Wahl, abgesehen davon, daß mit einer oder eventuell zwei neuen Parteien zu rechnen ist (Grüne und Liberale), die sich schon dezidiert der Oppositionsrolle verschrieben haben. Voraussichtlich wird Pühringer, ausgenommen es passiert ein politischer Erdrutsch, wieder zum Landeshauptmann gewählt - mit den Stimmen der SP. Das politische Himmelfahrtskommando, einen SP-Landeshauptmann mit Unterstützung der FP zu stellen, haben die Sozialdemokraten nach eigenen Angaben ausgeschlossen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung