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Die neuen VW-Typen sind da

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Es hat sich bekanntlich in den letzten Jahren die Mode eingebürgert, schon vor den früher einmal die eigentliche Autosaison einleitenden Herbstsalons neue Modelle zu zeigen. Damit werden zwar einerseits die Auto-ausstellungen entwertet, weil nicht mehr viel Neues zu zeigen ist, anderseits sind wirtschaftliche und soziale Überlegungen für diese Zeiteinstellung verantwortlich. Bei der Großserienerzeugung ist die Umstellung auf neue Modelle am besten während der großen Ferien, also im Hochsommer, durchführbar. Ist aber einmal im August oder Anfang September die Produktion einer neuen Serie angelaufen, dann kann keine. Fabrik mehr bei ihren Ankündigungen auf Termine von Ausstellungen Rücksicht nehmen. Seit Monaten schwirrten und schwirren die verschiedensten Gerüchte über Neuerscheinungen dieses Herbstes herum. Der Frankfurter Automobilsalon vom 16. bis 26. September sollte ein Höhepunkt der Neuheiten werden.

Einige Firmen haben allerdings ihre Karten bereits jetzt aufgedeckt, andere werden das wahrscheinlich auch noch vor Mitte September tun, weitere wiederum warten auf Frankfurt. Eine besondere Zielscheibe bei der Rätselraterei um kommende Neuheiten war das Volkswagenwerk. Seit Jahren wird immer wieder behauptet, der „Käfer“, gemeint ist der 1200er werde plötzlich verschwinden und einem neuen Modell Platz machen. Nun, neue Modelle sind heuer — übrigens auch schon in früheren Jahren — bei VW gekommen, aber der Wagen des nunmehr auch als reichhaltig zu bezeichnenden Typenprogramms von Wolfsburg, der seit Jahrzehnten das Rückgrat der Erzeugung ist, gerade dieser Wagen bleibt. Er hatte sich übrigens schon immer verändert, oft unmerklich, von innen heraus, es gab manchmal auch äußere Merkmale, die allerdings weniger ins Gewicht fielen, denn die Grundform ist nun einmal gleichgeblieben.

Und auch beim neuen Modell 1300 bleibt — anscheinend — alles beim alten, es gleicht rein äußerlich dem bisherigen Exportmodell 1200. Der Motor allerdings wurde von 1200 ccm auf 1300 ccm verstärkt. Außen findet man am Heck den Schriftzug 1300. Neu ist die Vorderachse mit bloß vier Schmiernippeln, die nur alle 10.000 km geschmiert werden müssen. Wartungsfreie Kugelbolzen und eine Arretierung der Vordersitzrückenlehnen sind ebenfalls Neuerungen. Der Wagen leistet jetzt 40 DIN-PS bei 4000 U/min. Der Wunsch aller, die einen schnelleren VW haben wollten, ist nun erfüllt.

Warum nicht gleich ein ganz neues Modell? fragen viele. Das wäre wirtschaftlich gar nicht zu verantworten; solange der VW, so wie er ist, von Hunderttausenden überall in der Welt verlangt wird, dürfte er nicht wesentlich geändert werden, was nicht heißt, daß er nicht alljährlich und ständig und nicht nur bei einem „Modellwechsel“ verbessert wird. Auch die Rücksicht auf die Millionen Volkswagen-Besitzer, die ihr früher gekauftes Fahrzeug nicht entwertet sehen wollen, hat die Geschäftsführung in Wolfsburg auch diesmal dazu veranlaßt, beim Hauptmodell des Werkes an der konservativen Linie festzuhalten. Der VW 1300 kommt auch als Karmann-Ghia-Coupe und -Kabriolett sowie in der fünf-sitzigen Ausführung des Kabrioletts auf den Markt.

Ein ganz neues Modell allerdings ist der VW 1600 TL, der das Programm nach oben hin abrundet. Zum erstenmal in der Geschichte der Werke macht VW sozusagen eine Weltmode mit. In den USA hat das „Fließheck“ bei einer Reihe von fcjgliebten Fahrzeugen Schule gemacht, und eis ist auch bei sportlicher! Fahrzeugen' der 'Extraklasse in Europa zu finden. Der Vorteil liegt nicht nur in der neuen Linie, sondern auch in dem Umstand, daß der Wagen bei gleichen Ausmaßen wie beim VW 1500 innen größer wurde. Mehr Beweglichkeit und mehr Kopfhöhe auf den Hintersitzen und ein Gepäcksraum, der auf 290 Liter vergrößert werden konnte, sind unverkennbare Vorteile — jetzt stehen mit dem vorderen Raum 475 Liter zur Verfügung. Gegenüber dem VW 1500 S, der nicht mehr gebaut wird, wurde die Verdichtung herabgesetzt, trotz des vergrößerten Hubraums aber die Leistung nicht erhöht.

Dadurch wurde der Motor elastischer und bergfreudiger: Ein klassisches Beispiel dafür, daß eine Fabrik den schwer verständlichen PS-Kampf der anderen, das „PS-Rennen“, nicht mitmachen muß und trotzdem erfolgreich ist. Überraschend ist der Einbau von Scheibenbremsen vorne bei den Modellen 1500

und 1600. Der technische Aufbau des neuen Modells entspricht weitgehend dem des 1500er. Die höchste Leistung von 54 PS, die bisher bei 4200 U/min. des Motors erreicht wurde, erfolgt nunmehr schon bei 4000 U/min. Daß die Innenausstattung von höchster Qualität ist, erscheint bei VW selbstverständlich: breite Armlehnen, Warmluftaustrittsöffnungen bei den Füßen, die jetzt leicht erreichbar sind; die Gummimatten auf dem Boden sind neuen Noppenmatten gewichen; der Innenspiegel fällt aus der Halterung heraus, wenn bei einem Unfall ein starker Anprall erfolgt. Interessant die Neuerung an den seitlichen hinteren Fenstern. Ohne Scharniere und ohne Rahmen biegen sie sich in sich selbst und geben den Luftquerschnitt zur zugfreien Entlüftung frei.

Die Preise der neuen Modelle beziehungsweise der weitergebauten, bewegen sich zwischen 36.850 Schilling für den 1200er und 37.850 Schilling für den neuen 1300er bis 55.500 Schilling für das neue Modell 1600 TL und 59.800 Schilling für den Variant 1600. Beim Modell 1500 sind die entsprechenden Preise 49.800 und 55:400 Schilling. Die Transportertypen blieben preislich unverändert.

Die Bayerischen Motorenwerke haben ihre Trümpfe schon vor den Wolfsburgern gezeigt. Sie konnten das leichter, denn nicht nur ihr gesamtes Programm, auch der „Vorbote von Frankfurt“, wie ihn die angesehene „Berner Automobilrevue“ nennt, das 2000-CS-Coupe mit dem neuen 2-Liter-Motor, wendet sich an einen bedeutend kleineren und exklusiveren Kundenkreis als etwa das VW-Werk. Das neue sportliche Coupe aus München tritt das Erbe des ehemaligen Modells 327 an. Es hat sehr ansprechende und niedrige Linien, weist eine Spitze von 185 km/h auf und hat gegenüber seinem Vorgänger einen wesentlich höheren Fahrkomfort und einen verbesserten Innenraum. Auch hier ist dem modernen Karosseriebau das Kunststück gelungen, trotz eines gegenüber dem BMW 327 um 20 cm kleineren Radstandes in der Innenlänge 15 cm zu gewinnen. Die Türen des neuen Coupes sind sehr breit und gestatten einen leichten Zugang. Die Sitze haben einen Verstellbereich von 26 cm. Das Coupe ist viersitzig. Der Motor leistet 120 DIN-PS. Das neue Coupe ist ein Luxusfahrzeug mit betont sportlicher Note; der neue Vierzylinder ist ein OHC-Motor. Die bisherige Modellreihe von BMW, bestehend aus dem Kleinwagen LS und LS-Coupe, den Mittelklassetypen 1600, 1800 und 1800 TI und SA sowie dem sportlichen Coupe 3200 CS, erfährt mit diesem anspruchsvollen Wagen eine wertvolle Bereicherung, außerdem schließt es eine Lücke des Bauprogramms.

Ein anderer Wagen, der größenordnungsmäßig in diese Beschreibungen von Neuerscheinungen hineinpaßt, ist der Fiat 1500 C, den man als sportliche, dabei aber sehr preiswerte „Familienlimousine“ für alle jene Fahrer bezeichnen darf, die viel Platz brauchen und doch auf die Freude am Fahren nicht verzichten wollen. Hier brachte ebenfalls der um 8,5 cm vergrößerte Radstand mehr Innenraum (10 cm), wobei der gesamte Wagen nur um etwa das gleiche Maß länger wurde. Man kann also beim Fiat 1500 C selbst bei ganz zurückgestellten Vordersitzen als Fondpassagier seine Knie frei bewegen. Der Wagen wiegt 1000 kg; die Motorleistung gegenüber dem früheren Modell wurde von 67 auf 75 DIN-PS gebracht; die Relation von Wagengewicht und Leistung erklärt, was wir von der Freude am Fahren gesagt* haben. Auch eine Reihe von Änderungen am Motor verdient, erwähnt zu werden; es handelt sich durchweg um Leistungssteigerungen, die nicht auf Kosten der Lebensdauer gehen. Die Kurbelwelle läuft nun in gehärteten Lagerzapfen; eine neue Nockenwelle ist vorhanden, größere Ventile, ein neuer Ansaugkrümmer und ein ebensolcher Registervergaser sorgen für eine bessere Füllung. Das Verdichtungsverhältnis beträgt 9:1.

Ein sehr praktisches Detail Ist ein Hebelchen, mit dem man den Luftfilter auf Sommerbeziehungsweise Winterbetrieb umstellen kann; damit wird ein schnelleres Warmwerden des Motors in der kalten Jahreszeit ermöglicht. Ein automatischer Ventilator und eine verstärkte Kupplung — sie war infolge der Erhöhung der Leistung notwendig — sind weitere erwähnenswerte Details. Der Fiat 1500 C hat eine außerordentlich gute Abstimmung des Fahrwerks, was bei einem Starrachser mit Blattfedern nicht unbedingt der Fall sein muß. Man hat es hier durch konsequente Entwicklungsarbeit zuwege gebracht, einen früher übersteuernden Wagen in einen leicht untersteuernden zu verwandeln, was die eingangs erwähnt Charakteristik des Wagens bestätigt: Auch der Familienvater, der Wert auf Bequemlichkeit legt und dabei doch sportlich fahren will, kommt nunmehr auf seine Rechnung.

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