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Damit es in Österreich niemals an Männern fehle, die mit den Türken, Persern und Arabern sprechen, die Gesetze des Friedens festlegen und Handelsverträge abschließen können": Mit dieser Widmung ließ Kaiserin Maria Theresia 1754 die Wiener "Orientalische Akademie" (heute "Diplomatische Akademie") errichten. Und dazu noch ein "Sprachknabeninstitut" in Istanbul eröffnen, Vorläufer des heutigen St. Georgs-Kollegs.

Dahinter stand die Erkenntnis: Wo zwischen Osmanischem Reich und Habsburger-Monarchie nach furchtbaren Konflikten nichts mehr zu gewinnen war, da setzte die Kaiserin auf mehr Wissen und Begegnung.

Ganz anderes erleben wir jetzt: Zwischen Österreichern und Türken dominiert wieder Distanz und Misstrauen. Verantwortlich dafür sind beide: Dort die ideologische Neuausrichtung der Türkei, die Person Erdogan, der jüngste Putschversuch und seine Folgen -und hier die alten Feindbilder, neue Überfremdungsängste und nun auch die harte Türkei-Linie der Wiener Regierung und Opposition.

Zum Nährboden dieser Entwicklung gehört auch die jahrzehntelange Verlogenheit der EU gegenüber den türkischen Beitrittswünschen. Mit der Karotte der Annäherung wurden in Ankara Erwartungen genährt, die aus ganz anderen Gründen (andere Kultur, zu nahe am Nahost-Krisenbogen, zu groß für die Union) unrealistisch waren. Mit jeder Vertiefung der EU geriet ein Beitritt der bald 80 Millionen Türken weiter ins Irreale. Das Wissen um diese Chancenlosigkeit hat Anteil am Wandel der Türkei: Hat sein Misstrauen gegen Europa und seine regionalen Ambitionen gestärkt - und den Laizismus der Staatsgründer erschöpft.

Kern, Strache, Kurz und Co.

Dass es nun gerade Österreich ist, das mit täglich neuen antitürkischen Parolen überrascht und Juncker, Merkel & Co. provoziert, ist "volksnah" und verstörend zugleich. Niemand wird Erdogans Kurs billigen -aber wer Wiens Alleingang und seine Vehemenz allein mit menschenrechtlichen Motiven erklärt, liegt falsch. So viel an Rechts-Abweichung unserer Republik, deren Mission einst das Verbindende war, hat wohl mehr mit Populismus zu tun (98 Prozent der Österreicher stimmen dem Schulterschluss von Kern, Strache, Kurz &Co zu). Und mit Parteitaktik: "Regierung lässt der Strache-FPÖ kaum noch Luft", titelte jüngst die Krone. Was zugleich aber heißt: Bei so viel Übereinstimmung werden Koalitionen denkmöglich, die es bisher nur im Burgenland gab. Und Norbert Hofer erhält eine bisher nicht gekannte Unterluft.

Und wieder einmal denke ich an den großen Deutschen Hans-Dietrich Genscher. Er hat mir einst erzählt, wie wichtig Meinungsumfragen für ihn waren - "aber nicht, um mich stromlinienförmig zu verhalten, sondern um zu wissen, wo ich ansetzen muss, um Stimmungen zu verändern!"

Gibt es -außer Othmar Karas, der eben mutig zu "verbaler Abrüstung" aufgerufen hat -keine anderen "Genschers" mehr in Wien?

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