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Die Versöhnung unter den Christen fördern

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Als Symbol für den wachsenden Dialog untereinander setzten die Delegierten bei der ersten Europäischen Ökumenischen Versammlung 1989 auf dem Basler Stadtplatz einen Baum in die Erde. Was damals gepflanzt wurde, soll nächstes Jahr in Graz fortgesetzt werden. Vom 23. bis 29. Juni 1997 treffen einander zum zweiten Mal Christen aus ganz Europa, um die Probleme der heutigen Gesellschaft aus ihrem Glauben anzugehen.

Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Ganz Graz wird in die einwöchige Großveranstaltung eingebunden. An verschiedenen Orten der Innenstadt werden sich Delegierte, Basisinitiativen und Besucher in Dialogforen mit dem Thema „Versöhnung - Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens” auseinandersetzen. Auf dem Messegelände bietet ein „Markt der Möglichkeiten” Gruppen die Gelegenheit, ihre Engagements und Projekte vorzustellen. Bibelarbeit und die Feier von gemeinsam gestalteten Gottesdiensten in den Grazer Gemeinden sollen sichtbare Zeichen des Bemühens der Christen um das gemeinsame biblische Fundament und um ihre Einheit darstellen. Daneben ist ein umfangreiches kulturelles Programm geplant. Für die Besucher aus Osteuropa werden billige Quartiere angeboten.

Der Vorsitzende des Ökumenischen Bats der Kirchen in Österreich, der griechisch-orthodoxe Metropolit Michael Staikos, setzt in das Ereignis große Hoffnungen. Denn bei der Vorläuferkonferenz in Basel im Frühjahr 1989 war der Eiserne Vorhang noch zu. Viele Delegierte aus dem Ostblock durften nicht ausreisen. „Wenige Monate nach Basel geschah das Wunder und der Eiserne Vorhang fiel.” Allerdings scheint die Trennmauer in den Herzen vieler Menschen noch vorhanden, so Staikos zur furche. Die Kirchen in Osteuropa haben eine andere Entwicklung genommen als die im westlichen Teil. Umso bedeutsamer sei es, daß die Christen am Beginn des neuen Jahrtausends in gemeinsamer Anstrengung Verständigung und Aussöhung fördern. „Wir erleben derzeit, daß an verschiedenen Orten der Haß stärker ist als die Versöhnung.” Schon aufgrund der geographischen Nähe von Graz zum ehemaligen Jugoslawien lasse es sich nicht vermeiden, auch über den Konflikt in Bosnien zu sprechen.

Der Vorsitzende des für die Vorbereitung verantwortlichen Lokalkomitees, der Grazer Professor für Ökumenische Theologie Grigorios La-rentzakis, setzt sich dafür ein, daß möglichst konkrete Themen behandelt werden: „Kritische Anliegen sollen nicht unter den Teppich gekehrt, sondern offen diskutiert werden.” Ihm sei es wichtig, daß neben den offiziellen Vertretern auch die Basis deutlich zu Wort kommt.

Kritik wegen österreichischer Delegation

Vom Bat der Europäischen Bischofskonferenzen und der Konferenz Europäischer Kirchen werden je 350 Vertreter aus allen Ländern nominiert. Diese beiden Einrichtungen laden eine ebenso große Zahl von Be-präsentanten verschiedener Netzwerke und Basisgruppen ein, um mit ihnen ein Dokument zum Thema „Versöhnung in Europa” zu erarbeiten. Die Auswahl der 14 katholischen Vertreter Österreichs erfolgte durch die Bischofskonferenz und sorgte für massive Kritik. Denn unter den Gewählten beträgt der Frauenanteil nur 21 Prozent, ein eigener Jugendvertreter ist nicht dabei, obwohl man in Graz besonders die Jugendlichen ansprechen will.

Ebenso ist es nicht gelungen, Vertreter von kirchlichen Basisgruppen miteinzubeziehen. Im Gespräch mit der furche erklärte der Sekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, Michael Wilhelm, daß die Bischöfe aufgrund des begrenzten Kontingents nicht alle Interessen berücksichtigen konnten. Allerdings bestehe noch über den Bat der Europäischen Bischofskonferenzen die Möglichkeit, den Frauenanteil zu erhöhen. Von den insgesamt 350 Delegiertenplätzen seien noch 20 offen. „Wir haben bereits angesucht, noch einen zusätzlichen Platz zu bekommen”, so Wilhelm. Auch 1989 war in Basel auf diese Weise eine Jugendvertreterin zusätzlich in die österreichische Delegation gerutscht.

Angesichts dieser Unstimmigkeiten appelliert Larentzakis, die Grazer Versammlung nicht nur als ein Treffen der Experten zu sehen. „Es gibt ein umfangreiches Programm für alle. Die Basis ist fest in den Gesprächsprozeß eingebunden.” Für das Gelingen der Veranstaltung wünscht er sich, daß sich in den kommenden zwölf Monaten möglichst viele Christen an der Vorbereitung beteiligen. Die Diözese Graz-Seckau beginnt am 29. Juni mit einem ökumenischen Friedensgebet und der Errichtung eines „Begegnungshügels”.

Im Juli und August reisen junge Menschen aus ganz Österreich zu europäischen Krisengebieten, um die dortigen Christen zur Grazer Versammlung einzuladen. Am 27. und 28. September lädt der ökumenische Rat der Kirchen alle Interessierten zum ersten nationalen Vorbereitungs treffen nach Mürzzuschlag. Zwei Wochen später begegnen einander im Salzburger Bildungshaus St. Virgil die Basisgruppen und Initiativen, die bereits 1989 im „konziliaren Prozeß” in Basel zusammengearbeitet haben.

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