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DR. JOSEF KLAUS / DIE EINFACHE RECHNUNG

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Dem österreichischen Finanz- minister ist es gelungen, den Entwurf eines währungsgerechten Budgets in Regierung und Koalition erfolgreich zu vertreten und damit sein ursprünglich gefaßtes Konzept durchzusetzen. Der Tag, an dem dies geschehen ist, der 22. Oktober, war zweifellos sein Tag, und als Dr. Klaus nach diesem durchdebattierten, durchkämpften Sonntag spät abends seine Schritte auf der regennassen Straße „heimwärts“ nach der Himmelpfortgasse richtete, konnte er sich über die soeben zurückgelegte Wegstrecke Rechenschaft ablegen.

Dr. Klaus’ Bereitschaft, die Leitung des Finanzressorts im vergangenen April im Kabinett Gor- bach zu übernehmen, haben viele damals als ein zwar aus lauteren Motiven gebrachtes, aber zweckloses Opfer und den Posten eines österreichischen Finanzministers, angesichts des „von Gruppenegoismen überrollten Budgets 1961“, als eine Art Himmelfahrtskommando bezeichnet. Es erwies sich jedoch bald, daß der von manchen Auguren der Nationalökonomie anfangs belächtelte „Autodidakt“

Klaus bereits ein fertiges Konzept mitbrachte, dem eine zwar einfache Rechnung zugrunde lag, aber eine Rechnung, die verstanden und, wie man heute weiß, auch vom Koalitionspartner akzeptiert wurde. Diese budgetpolitischen Grundsätze, die Dr. Klaus Axiome nennt, lauten wie folgt: Sparsamkeit („der Finanzminister verwaltet nicht seine eigenen Mittel, sondern ist nur Treuhänder von Werten, die dem ganzen Volk gehören“), Rechtsstaatlichkeit („dieses Problem muß rechtsphilosophisch und rechtspolitisch noch durchdacht werden, wobei wahrscheinlich dem Naturrechtssatz ,suum cuique’ entscheidende Bedeutung zuzumessen ist“), Redlichkeit („es gibt manche, die etwa mit einem Augenzwinkern meinen, der Finanzminister müsse, wenn er ein guter Finanzminister sein wolle, schon noch irgendwo stille Reserven eingebaut haben ich kann mich zu einer derartigen Vorgangsweise nicht verstehen, weil sie meines Erachtens unredlich ist“) und Leistung. Dr. Klaus distanzierte sich dabei deutlich von jener finanz- wissenschaftlichen Theorie, welche „auch heute noch in der praktischen Politik großes Ansehen genießt“ und wonach der Staat nicht rationell wirtschaften könne und ferner, daß die Finanz- und Steuerpolitik rein fiskalisch orientiert werden müsse. Diese Auffassungen nannte Dr. Klaus „beinahe eine Finanzideologie“. Er stellte hierzu mit aller Deutlichkeit fest: jede finanzpolitische Maßnahme ist zugleich eine gesellschaftspolitische. Mit Hilfe der Finanzpolitik wird Gesellschaftspolitik betrieben.

Diese Gedanken vertritt Finanzminister Dr. Klaus nicht von ungefähr. Der 1910 in Mauthen (Kärnten) geborene Sohn eines Bäckermeisters wurde, nach der Promotion zum Doktor der Rechte, Sekretär des christlichen Gewerkschaftsführers Stand und später — es war in den Jahren nach 1934 — stellvertretender Abteilungsleiter in der Wiener Arbeiterkammer. Nach Militärdienst, Kriegsgefangenschaft und kurzer Rechtsanwaltspraxis in Hallein wurde Dr. Klaus 1949 als „Kompromißkandidat“ zum Landeshauptmann von Salzburg gewählt. Daß er ein Politiker ist, der sich durchsetzt und der auch „ankommt“, bewies Dr. Klaus durch die Tatsache seiner zweimaligen

Wiederwahl als Landeshauptmann in einem Land, dessen politisches Klima einem Politiker des christlich- sozialen Gedankens nicht immer als behaglich Vorkommen mag.

Nun hat Dr. Klaus einige Eigenschaften, die sein Ansehen in weiten Kreisen der Bevölkerung begründeten. Seine absolute Offenheit und sein Streben nach Verständigung mit dem Gegner, gepaart mit unerbittlicher Zähigkeit bei Vertretung der als gerecht erkannten Sache, haben ihm besonders bei den letzten Budgetverhandlungen viel geholfen. Er hat alle seine Verhandlungspartner als Verantwortung tragende und ihrer Verantwortung bewußte Persönlichkeiten direkt, wie manche meinten, in geradezu naiver Weise, angesprochen. Es war nicht als „taktischer Zug“ gemeint, aber auch als solcher bewährte es sich gut. Dr. Klaus war nie Mitglied des Parlaments, und er gilt auch nicht als „gewiegter Parlamentarier“. Allein seine Offenheit wirkt entwaffnend, und vielleicht ist gerade dieses sein Verhalten als Politiker der Schlüssel zum Erfolg. Ein neuer Typ des österreichischen Politikers zeichnet sich in der Person Doktor Klaus’ ab, der nicht nur die endgültige Konsolidierung des Budgets, sondern auch die der Koalition und damit der österreichischen Politik mit Aussicht auf Erfolg in Angriff nehmen könnte.

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